Leitsatz (amtlich)

Der gewinnabhängige Tantiemeanspruch eines leitenden Angestellten ist keine Gewinnbeteiligung i.S. des § 24 Nr. 1 Buchst. b EStG.

 

Sachverhalt

Der Kläger war seit 1973 Geschäftsführer der Z-GmbH. § 1 Nr. 5 seines Anstellungsvertrages enthielt die folgende Zusage: "Stirbt Herr … sen., so hat der Geschäftsführer Anspruch auf einen angemessenen Teil der bisher Herrn … sen. zustehenden Tantieme." Im Rahmen der Gesellschafterversammlung vom 10.12.1990 betonten die Gesellschafter, zur Entlastung der finanziellen Situation des Unternehmens im Hinblick auf notwendige Investitionen könne der aufschiebend bedingte Tantiemeanspruch nicht mehr aufrechterhalten werden. Der Kläger wies dies zurück. Zur Wiederherstellung eines einvernehmlichen Klimas erklärte er sich jedoch bereit, gegen Zahlung einer angemessenen Abfindung auf die Tantieme zu verzichten. Das Finanzamt lehnte eine gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG tarifbegünstigte Versteuerung der Abfindung ab. Klage[1] und Revision blieben erfolglos.

 

Entscheidungsgründe

Sind in dem zu versteuernden Einkommen außerordentliche Einkünfte enthalten, so ist die darauf entfallende ESt gemäß § 34 Abs. 1 EStG nach einem ermäßigten Steuersatz zu bemessen. Als außerordentliche Einkünfte kommen u.a. Entschädigungen i.S. des § 24 Nr. 1 EStG in Betracht[2].

Zutreffend hat das FG eine Entschädigung nach § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG verneint. Die Vorschrift betrifft Entschädigungen, die "als" Ersatz für unmittelbar entgangene oder entgehende konkrete Einnahmen gezahlt werden; sie dient der Abgeltung und Abwicklung von Interessen aus einem bisherigen Rechtsverhältnis[3]. Zweck der Regelung ist es, die aus Anlass der Beendigung eines Einkunftserzielungstatbestandes zusammengeballt zugeflossenen Leistungen ermäßigt zu besteuern. Eine die Anwendung des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG rechtfertigende neue Rechtsgrundlage ist nach der Rechtsprechung des Senats nicht gegeben, wenn unter Fortsetzung des Einkunftserzielungstatbestandes im Rahmen des bisherigen Rechtsverhältnisses ein bestehender Anspruch durch den Vertragspartner abgegolten wird[4].

So verhält es sich im Streitfall, in dem das Vertragsverhältnis durch die Abfindung unberührt blieb. Die Abfindung wurde als Gegenleistung für den Verzicht auf die aufschiebend bedingten Tantiemeansprüche des Klägers im Rahmen des bisherigen und im Übrigen unverändert fortgeführten Arbeitsverhältnisses geleistet. Es liegt eine bloße Vertragsänderung unter Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses vor, die keinerlei Einschränkung der Ansprüche, sondern nur deren Kapitalisierung bedeutete.

Auch eine Entschädigung gemäß § 24 Nr. 1 Buchst. b EStG ist nicht gegeben. Als Gewinnbeteiligung i.S. des Buchst. b kommen lediglich gesellschaftsrechtliche Beteiligungen in Betracht[5]. Nicht erforderlich ist allerdings, dass eine Mitunternehmerschaft vorliegt[6].

Die Abfindung betrifft keine gesellschaftsrechtlichen Ansprüche des Klägers. Der aufschiebend bedingte Tantiemeanspruch des Klägers entstammte nicht der gleichgeordneten Position eines Gesellschafters, sondern der eines nichtselbständig tätigen Arbeitnehmers, die vom Merkmal der Weisungsabhängigkeit gegenüber dem Arbeitgeber bestimmt ist. Der Tantiemeanspruch stellte zusätzliches - aufschiebend bedingtes - Entgelt für die vom nichtselbständig tätigen Kläger zu erbringende Arbeitsleistung dar. Er war damit Teil des Arbeitslohns. An dieser rechtlichen Einordnung ändert es nichts, dass die zukünftige Tantieme gewinnabhängig sein sollte und damit eine nach § 86 AktG zu berechnende Beteiligung an dem von der Gesellschaft erzielten Gewinn beinhaltete. Richtet sich das Gehalt eines leitenden Angestellten nicht nach festen Bezügen, sondern ganz oder z.T. nach dem erwirtschafteten Gewinn des Unternehmens, so bedeutet dies - wie z.B. auch eine Umsatzprovision - nur einen Anreiz für den besonderen Arbeitseinsatz des Angestellten. Die Tantiemezahlungen werden einkommensteuerrechtlich nicht aufgrund einer Gewinnbeteiligung geleistet. Sie bleiben Teil des Arbeitslohns und sind bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu erfassen.

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 10.10.2001 – XI R 50/99

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