Leitsatz
Zur Berufsausbildung i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG gehört auch die Teilnahme am Schulunterricht zur Erfüllung der Schulpflicht. Das gilt auch dann, wenn der Umfang des danach zu besuchenden Unterrichts 10 oder weniger Wochenstunden umfasst.
Sachverhalt
Der im September 1985 geborene Sohn des K besuchte im Schuljahr 2003/2004 die Jungarbeiterklasse einer staatlichen Berufsschule, um den landesrechtlichen Regelungen zur Erfüllung der Schulpflicht nachzukommen. Die Unterrichtszeit betrug 8 Schulstunden pro Woche. Im Oktober 2004 begann er mit einer berufsvorbereitenden Maßnahme. Die Familienkasse lehnte eine Festsetzung von Kindergeld für Oktober 2003 – Juli 2004 ab, weil der Besuch der Jungarbeiterklasse keine Ausbildung darstelle. Das FG gab der Klage statt. Der BFH bestätigte das FG gegen die Dienstanweisung der Familienkassen (DA-FamEStG 63.3.2 Abs. 5 Satz 5 i.d. F. v. 30.09.2009, BStBl I 2009 S. 1030).
Entscheidung
Für ein volljähriges Kind besteht Anspruch auf Kindergeld, wenn es für einen Beruf ausgebildet wird. In Berufsausbildung befindet sich, wer sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernsthaft und nachhaltig darauf vorbereitet. Der Vorbereitung dienen alle Maßnahmen, bei denen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen erworben werden, die als Grundlage für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind. Die Ausbildungsmaßnahme braucht Zeit und Arbeitskraft des Kinds nicht überwiegend in Anspruch zu nehmen.
Zu einer derartigen Berufsausbildung gehört auch die Schulausbildung, an der das Kind teilnimmt, um der Schulpflicht nachzukommen. Auf den Umfang der Unterrichtszeit kommt es dann nicht an. Au-pair-Verhältnisse werden zwar nur dann als Berufsausbildung anerkannt, wenn sie mit einem Sprachschulunterricht von mindestens 10 Wochenstunden verbunden sind. Au-pair-Aufenthalte beruhen aber auf einem freiwilligen Entschluss des Kinds, und der Umfang des Unterrichts dient dann der Abgrenzung zu Urlaubsaufenthalten u. ä. Der Schulpflicht darf sich das Kind dagegen nicht entziehen.
Hinweis
Geringe Voraussetzungen für die Annahme einer Berufsausbildung können auch nachteilig sein, wenn währenddessen Einkünfte erzielt werden, durch die der Jahresgrenzbetrag überschritten wird. Wer z.B. nach einer im Juni abgeschlossenen Lehre eine Vollzeiterwerbstätigkeit aufnimmt und sich zugleich fortbildet, kann weiter als Kind berücksichtigt werden. Dadurch kann der Kindergeldanspruch für die 1. Jahreshälfte entfallen, in der nur eine geringe Lehrvergütung bezogen wurde.
Link zur Entscheidung
BFH, 28.04.2010, III R 93/08.