Leitsatz
Veranstaltet ein Arbeitgeber so genannte Händler-Incentive-Reisen, führt die Betreuung der Händler durch eigene Arbeitnehmer bei diesen nicht zu geldwerten Vorteilen, wenn die Betreuungsaufgaben das Eigeninteresse der Arbeitnehmer an der Teilnahme des touristischen Programms in den Hintergrund treten lassen.
Sachverhalt
Im Urteilsfall veranstaltete ein Unternehmen jährliche Wettbewerbe für verschiedene Zielgruppen aus dem Bereich seiner selbständig tätigen Händler. Für die erfolgreichen Wettbewerbsteilnehmer wurden Reisen in touristisch interessante Regionen durchgeführt (nach Istanbul, Sevilla, Antalya, Florida, Südfrankreich, Marokko, Las Vegas, China, Malaysia, Venedig, Schottland und in die Karibik). An den Reisen nahmen regelmäßig eigene Arbeitnehmer des Unternehmens, meist aus dem Verkaufsbereich, dem Management oder dem Vorstand als Betreuungspersonal teil. Wurden die an den Reisen teilnehmenden Wettbewerbsgewinner von ihren Ehefrauen begleitet, reisten auf Wunsch des Unternehmens auch die Ehefrauen der eigenen Mitarbeiter mit.
Der BFH hat entschieden: Nehmen an vom Arbeitgeber veranstalteten Incentive-Reisen eigene Arbeitnehmer teil, denen die Aufgabe zugewiesen ist, die zur eigentlichen Zielgruppe der Reise gehörenden Personen zu betreuen, kann die Reise gleichwohl auch für diese Arbeitnehmer belohnenden Charakter haben und damit steuerpflichtig sein. Dafür spricht u. a., wenn die Arbeitnehmer von ihren Partnern begleitet werden oder wenn sie wie die eigentliche Zielgruppe am touristischen Programm teilnehmen können. Hinsichtlich der dienstlichen Aufgaben der mitreisenden Arbeitnehmer und des zeitlichen Umfangs dieser Tätigkeiten verlangt der BFH eine substantiierte Darlegung, worin die Betreuung der Händler im Einzelnen bestand und wie viel Zeit die Arbeitnehmer für die Betreuung, die geschäftlichen Gespräche bzw. für sonstige dienstliche Tätigkeiten während der Reisen aufwenden mussten.
Hinweis
Lässt sich danach ein – das Vorliegen von Arbeitslohn insgesamt ausschließendes – ganz überwiegendes eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers nicht belegen, ist zu prüfen, ob nicht zumindest von einer gemischten Veranlassung der Reise auszugehen ist. Kann dies bejaht werden, sind die Sachzuwendungen in Arbeitslohn und nicht zu besteuernde Zuwendungen im betrieblichen Eigeninteresse wie folgt aufzuteilen:
- Zunächst sind die Kostenbestandteile der Reise abzutrennen, die sich leicht und eindeutig dem betriebsfunktionalen Bereich zuordnen lassen. Hierzu gehören z. B. Aufwendungen für die Zurverfügungstellung von Tagungsräumen nebst Ausstattung, Tagungsunterlagen und Referenten. Diese Ausgaben kommen von vornherein nicht als steuerpflichtiger Arbeitslohn in Betracht.
- Auf der anderen Seite sind die Kosten solcher Reise-Bestandteile voll als Arbeitslohn zu erfassen, die sich – isoliert betrachtet – als geldwerter Vorteil erweisen. Hierzu gehören z. B. die Kosten für das touristische Programm, Ausflüge, das Spiel- und Sportprogramm sowie gemeinsame Feiern und Unterhaltung. Steuerpflichtig sind auch die Aufwendungen für die an den Reisen teilnehmenden Ehepartner der eigenen Mitarbeiter.
- Die verbleibenden Kosten sind im Wege der Schätzung aufzuteilen. Hierbei handelt es sich insbesondere um die Kosten für die Beförderung (Flug- bzw. Fahrtkosten, Transfers), die Hotelunterbringung, die Verpflegung sowie weitere, nicht direkt zuzuordnende Kosten, z. B. für Vorbereitungsreisen, Organisation vor Ort. Als Aufteilungsmaßstab ist das Verhältnis der Zeitanteile heranzuziehen, in dem die Reise-Bestandteile mit Vorteilscharakter zu den aus betriebsfunktionalen Gründen durchgeführten Bestandteilen stehen. Dabei sind die vom Arbeitgeber getragenen Verpflegungskosten nur insoweit aufzuteilen, als sie der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer bei Dienstreisen steuerfrei erstatten könnte. Die über diese Beträge hinausgehenden Kosten sind als Arbeitslohn zu erfassen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil v. 5.9.2006, VI R 65/03.