Im Abschlussbericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Reform des Wohnungseigentumsgesetzes wird zunächst vorgeschlagen, keine Beschlusskompetenz zur Einführung rein virtueller Online-Versammlungen zu schaffen. Allerdings wird vorgeschlagen, eine Beschlusskompetenz zur Möglichkeit der Teilnahme an Eigentümerversammlungen auch online einzuräumen. Konkret wird insoweit folgende Regelung im Wohnungseigentumsgesetz vorgeschlagen: "Die Wohnungseigentümer können beschließen, dass die Wohnungseigentümer an der Versammlung auch ohne Anwesenheit an deren Ort teilnehmen und ihre Rechte im Wege elektronischer Kommunikation ausüben können." Dieser Vorschlag orientiert sich im Wesentlichen an der Bestimmung des § 118 Abs. 1 Satz 2 AktG.

Arbeitsgruppe gegen rein virtuelle Wohnungseigentümerversammlungen

Die Arbeitsgruppe wendet sich also zunächst gegen die Möglichkeit, rein virtuelle Wohnungseigentümerversammlungen beschlussweise zu ermöglichen.

Arbeitsgruppe für elektronische Teilnahme an Präsenzversammlungen

Eine Beschlusskompetenz soll jedoch dahingehend geschaffen werden, dass die Wohnungseigentümer an Präsenzversammlungen auf elektronischem Weg teilnehmen können. Für diese Variante soll es also keiner Vereinbarung bedürfen, vielmehr soll einfach-mehrheitliche Beschlussfassung ausreichen. Zur Frage, wie im Einzelnen die elektronische Kommunikation erfolgen soll bzw. welche technischen und organisatorischen Rahmenbedingen einzuhalten sind, sollen nach Auffassung der Bund-Länder-Arbeitsgruppe keine gesetzlichen Vorgaben gemacht werden. Die Ausgestaltung soll vielmehr den Wohnungseigentümern obliegen. Sollten die Vorschläge Gesetz werden, geht es also nicht um die Einführung der virtuellen Wohnungseigentümerversammlung, also der Versammlung, die in keinem physischen Raum mehr stattfindet und deren Versammlungsort der Cyberspace ist, denn eine Präsenz-Eigentümerversammlung ist zunächst immer noch als die Basis angedacht, an der Wohnungseigentümer online zugeschaltet teilnehmen.

Ein-Mann-Präsenzversammlung mit Möglichkeit der persönlichen Teilnahme

Im Ergebnis wäre dies für die wohnungseigentumsrechtliche Praxis allerdings weitgehend bedeutungslos. Denn auch in diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass es zur Durchführung einer Wohnungseigentümerversammlung und der Fassung von Beschlüssen auch nach derzeitiger Rechtslage nicht erforderlich ist, dass Wohnungseigentümer an der Wohnungseigentümerversammlung überhaupt teilnehmen, sämtliche Wohnungseigentümer vielmehr dem Verwalter entsprechende Stimmrechtsvollmacht erteilen, von denen er dann in der "Ein-Mann"-Präsenzversammlung Gebrauch macht. Da die vorgeschlagene gesetzliche Regelung keine Beschränkung bezüglich der Anzahl elektronisch teilnehmender Wohnungseigentümer vorsieht und somit theoretisch auch alle Wohnungseigentümer zugeschaltet sein können, kommt die Regelung im Ergebnis einer "virtuellen Wohnungseigentümerversammlung" äußerst nahe. Stets muss allerdings auch die Möglichkeit der persönlichen Teilnahme an den Eigentümerversammlungen bestehen.

Eigentümer müssen bei elektronischer Teilnehme ihre Rechte ausüben können

Die Einräumung einer Kompetenz zur Beschlussfassung über die Möglichkeit der elektronischen Teilnahme der Wohnungseigentümer an der Eigentümerversammlung muss freilich berücksichtigen, dass die auf elektronischem Weg teilnehmenden Wohnungseigentümer "ihre Rechte ausüben können". Wie bereits ausgeführt stellen die typischen und unentziehbaren Rechte neben dem Teilnahmerecht, das Rederecht, das Fragerecht und bis auf die eng umgrenzten Fälle des § 25 Abs. 5 WEG das Stimmrecht dar. Für die auf elektronischem Weg teilnehmenden Wohnungseigentümer muss also die Möglichkeit zur Interaktion mit den persönlich anwesenden Wohnungseigentümern und dem Versammlungsleiter bestehen. Den elektronisch teilnehmenden Wohnungseigentümern muss in technischer Hinsicht also die Möglichkeit gegeben werden, sich durch eigene Wortbeiträge an der Versammlung beteiligen zu können.

Umgang mit technischen Störungen

Sollte sich der Gesetzgeber im Rahmen einer kommenden WEG-Reform dem Vorschlag der Bund-Länder-Arbeitsgruppe anschließen, wäre ggf. auch eine ergänzende Regelung in Anlehnung an die Bestimmung des § 243 Abs. 3 Nr. 1 AktG zu berücksichtigen, die das Beschlussanfechtungsrecht wegen technischer Störungen zum Inhalt hat. Nach vorerwähnter Bestimmung kann die Anfechtung eines Beschlusses der Hauptversammlung jedenfalls nicht auf eine durch eine technische Störung verursachte Verletzung von Rechten, die auf elektronischem Weg wahrgenommen worden sind, gestützt werden. Dies ist nur dann möglich, wenn der Gesellschaft grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz vorzuwerfen ist. Grundsätzlich wird sich nämlich auch im Bereich der Wohnungseigentümerversammlung mit der Möglichkeit der Online-Teilnahme die im Einzelfall nicht unproblematisch zu klärende Frage stellen, in wessen technischer Sphäre die Störung aufgetreten ist.

 
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