Leitsatz (amtlich)

Bei der Einbringung zu Teilwerten oder Zwischenwerten gehören zum Teilwert halbfertiger Arbeiten auch darin enthaltene anteilige Gewinne.

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine GmbH, in die am 26.5.1994 steuerrechtlich rückwirkend zum 1.12.1993 die Kommanditanteile einer KG, einer Bauunternehmung, eingebracht worden sind. Die Einbringung sollte zu Zwischenwerten unter Aufdeckung von 90% der in den materiellen Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens ruhenden stillen Reserven zum 30.11.1993 erfolgen. Das Wirtschaftsjahr der Klägerin umfasste den Zeitraum vom 1.12. bis zum 30.11. In der Einbringungsbilanz zum 1.12.1993 wurden u.a. halbfertige Bauarbeiten mit 16 186 672 DM unter Einbeziehung der noch nicht realisierten Gewinne ermittelt. Das Finanzamt reduzierte diesen Ansatz auf 15 089 126 DM, da der Teilwert für die halbfertigen Arbeiten nur die Wiederbeschaffungskosten erfasse und nicht den darin enthaltenen zu erwartenden Gewinn. Das FG gab der dagegen gerichteten Klage statt[1]. Die Revision blieb erfolglos.

 

Entscheidungsgründe

Das FG hat zutreffend die Zwischenwerte der in die Klägerin eingebrachten halbfertigen Bauarbeiten um die darauf anteilig entfallenden Gewinne erhöht. Wird ein Betrieb oder Teilbetrieb oder ein Mitunternehmeranteil in eine unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige Kapitalgesellschaft eingebracht und erhält der Einbringende dafür neue Anteile an der Gesellschaft (Sacheinlage), so darf die Kapitalgesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen mit seinem Buchwert oder mit einem höheren Wert ansetzen[2]. Bei dem Ansatz des eingebrachten Betriebsvermögens dürfen die Teilwerte der einzelnen Wirtschaftsgüter nicht überschritten werden[3].

Die Klägerin machte von dem ihr eingeräumten Wahlrecht in der Weise Gebrauch, dass sie die eingebrachten Wirtschaftsgüter zu Zwischenwerten unter Aufdeckung von 90 % der in den materiellen Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens ruhenden stillen Reserven zum 30.11.1993 ansetzte. Wie der Senat entschieden hat, hat dies zur Folge, dass die in den Wirtschaftsgütern enthaltenen stillen Reserven gleichmäßig und einheitlich aufzustocken sind[4]. Das bedeutet, dass auch die in den halbfertigen Arbeiten enthaltenen stillen Reserven durchgängig mit 90% ihrer Teilwerte aufgedeckt werden dürfen. Was unter Teilwerten zu verstehen ist, bestimmt sich zwar im Ausgangspunkt nach allgemeinen bilanzrechtlichen Bewertungsgrundsätzen[5]. Dazu gehören bei halbfertigen Bauarbeiten eines Bauunternehmers die bislang aufgewendeten Selbstkosten, nicht aber auch die in solchen Arbeiten ruhenden, im laufenden Geschäftsbetrieb noch nicht aufzudeckenden Gewinnanteile. Im Zusammenhang mit Einbringungsvorgängen i.S. von § 20 UmwStG 1977 bestehen aber Besonderheiten, die zu normspezifischen Modifikationen des Teilwerts führen[6]. Denn mittels des Wahlrechts gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 UmwStG 1977 soll der übernehmenden Gesellschaft die Möglichkeit eingeräumt werden, den Zeitpunkt und - begrenzt durch Unter- und Obergrenzen - den Umfang der Gewinnrealisierung hinsichtlich der eingebrachten Wirtschaftsgüter zu bestimmen. Es geht also darum, Gewinne, die während des laufenden Geschäftsbetriebs noch nicht realisiert sind, als Folge der Einbringung aufdecken zu können. Dies gilt bis zur Obergrenze des normspezifischen Teilwerts für alle stillen Reserven, die sich in dem eingebrachten Betriebsvermögen angesammelt haben. Bei halbfertig erstellten Bauarbeiten gehören dazu auch darin enthaltene künftige Gewinne.

Der Gegenmeinung des Finanzamts[7] kann nicht beigepflichtet werden.

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 10.7.2002 – I R 79/01

[7] Ebenso Mein, Veräußerungstatbestand unter Verwandten und stille Reserven in der Bilanzposition "Teilfertige Arbeiten", FR 1978, S. 113

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