Leitsatz

  1. Für die Bemessung des Teilwerts von Anteilen an einer Betriebskapitalgesellschaft ist eine Gesamtbetrachtung der Ertragsaussichten von Besitz- und Betriebsunternehmen anzustellen.
  2. Der Teilwert eines eigenkapitalersetzenden Darlehens, das der Betriebskapitalgesellschaft von der Besitzgesellschaft gewährt worden ist, ist nach denselben Kriterien zu bestimmen, die für die Bewertung der Kapitalanteile gelten.
 

Sachverhalt

Eine GbR verpachtete ihre Betriebsgrundstücke und die Geschäftsausstattung im Rahmen einer echten Betriebsaufspaltung an eine von ihren Gesellschaftern gegründete GmbH, deren Anteile in den Bilanzen der GbR aktiviert waren. Sie aktivierte auch einen Posten für "Ausleihungen an Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht" und erfasste dort als Darlehen bezeichnete, verzinste Zahlungen. Korrespondierend bilanzierte die GmbH einen Passivposten, der zum 31.12.1992 657500 DM betrug. Dessen Saldo wurde bei Aufstellung des Jahresabschlusses 1993 für die GmbH um 250000 DM gemindert. In gleicher Höhe wies die GmbH unter der Bilanzposition "Eigene Mittel" ein "Darlehen gem. § 32a GmbHG" aus. Dem lag ein zur Vermeidung des Konkurses gefasster Gesellschafterbeschluss zugrunde: Danach sollte der als Darlehen gem. § 32a GmbHG umgebuchte Betrag nicht mehr verzinst werden. Erst nach Abbau der Verluste durch die GmbH war eine erneute Umwandlung des ausgewiesenen Darlehens in die frühere Form vorgesehen; bis dahin verzichteten die Gesellschafter der GbR gegenüber der GmbH auf Zinsen und Rückforderung. Entsprechende Beschlüsse wurden für die Folgejahre gefasst. Bei Aufstellung ihrer Bilanzen für die Streitjahre nahm die GbR in Höhe der bei der GmbH "umgebuchten" Beträge Teilwertabschreibungen vor; das Finanzamt erkannte die Teilwertabschreibungen nicht an. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Dagegen richtet sich die Revision der GbR.

 

Entscheidung

Im Streitfall lag keine verdeckte Einlage vor, weil das zugeführte Kapital ausweislich der Bilanzierung als "Ausleihung", der Verzinsung der überlassenen Beträge sowie der Gesellschafterbeschlüsse über die "Umwandlung" in eigenkapitalersetzende Darlehen nicht dauerhaft in das Vermögen der GmbH übergehen sollte, sondern eine Rückzahlung vorgesehen war[1]. Für den deshalb zu bestimmenden Teilwert der eigenkapitalersetzenden Darlehen gelten die selben Grundsätze wie für den Teilwert der GmH-Anteile, der nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG i.d.F. für die Streitjahre grundsätzlich mit den Anschaffungskosten bei Erwerb anzusetzen ist. Ebenso wie dieser Teilwert ist derjenige eigenkapitalersetzender Darlehen insbesondere bei Fehlmaßnahmen nicht allein aufgrund hoher Verluste im Beteiligungsunternehmen, sondern allein unter Berücksichtigung der Ertragslage und der Ertragsaussichten sowie des Vermögens und der funktionalen Bedeutung des Beteiligungsunternehmens für das Besitzunternehmen abzuschreiben[2]. Denn die Tätigkeit des Betriebsunternehmens ist Bestandteil der unternehmerischen Betätigung der sowohl das Besitz- als auch das Betriebsunternehmen beherrschenden Person oder Personengruppe. So wie ein gedachter Erwerber des Besitzunternehmens den anteilig für die Kapitalbeteiligung zu zahlenden Preis vorwiegend danach bestimmt, welche Ertragsaussichten für die abgestimmte Tätigkeit beider Unternehmen bestehen, hängt auch die Bonität des Schuldnerunternehmens von der Kapitalausstattung ab, die die beherrschende Person oder Personengruppe im Rahmen der bestehenden Finanzierungsfreiheit für die jeweiligen Unternehmen vorsieht[3]. Sind bei der Gesamtbetrachtung die Ertragsaussichten von Besitz- und Betriebsunternehmen gesunken, so dass ein Erwerber des Besitzunternehmens für die zu dessen Betriebsvermögen gehörenden Anteile an der Besitzkapitalgesellschaft einen hinter den Anschaffungskosten zurückbleibenden Preis zahlen würde, kann eine diesbezügliche Teilwertabschreibung vorgenommen werden.

 

Praxishinweis

Dienen Darlehen der Gesellschafter an ihre Kapitalgesellschaft nicht nur der Abwendung der Insolvenz, sondern – anders als im Streitfall – der Sanierung des Unternehmens (durch Zuführung neuer Finanzmittel), scheidet eine Teilwertabschreibung grundsätzlich aus[4].

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 6.11.2003, IV R 10/01

[1] Vgl. BFH-Urteile vom 22.11.1983, VIII R 133/82, BFHE 140, S. 69 = INF 1990, S. 546; vom 12.12.2000, VIII R 22/92, BStBl II 2001, S. 385 = INF 2001, S. 285
[4] Vgl. BFH-Urteil vom 18.12.1990, VIII R 158/96, BFH/NV 1992, S. 15

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