Unvollständiger Lageplan
Ein kommunaler Wasserverband klagte gegen einen Tiefbauunternehmer auf Schadensersatz. Dessen Mitarbeiter hatten bei Kabelverlegungsarbeiten mittels Bohrverfahren eine im Bestandsplan des Klägers nicht eingezeichnete Grundstücksanschlussleitung zur Schmutzwasserleitung beschädigt. Der Kläger trug vor, die Beklagte habe damit rechnen müssen, dass in dem Bestandsplan einzelne Leitungen nicht oder nicht korrekt eingezeichnet gewesen seien. Sie hätte sich örtlich einweisen lassen müssen. Die Existenz einer weiteren Hausanschlussleitung hätte sich aufgedrängt, weil ein derart großer Gebäudekomplex regelmäßig nicht nur über einen Hausanschluss verfüge. Die Beklagte meinte, aufgrund des Bestandsplans habe es weder eine Veranlassung zur Einweisung noch zu Suchschachtungen gegeben.
Grundsatz
Die Klage wurde auch in 2. Instanz abgewiesen. Nach Meinung des OLG Brandenburg hat das Tiefbauunternehmen seine Verkehrssicherungspflicht nicht verletzt. An diese Verkehrssicherungspflicht werden zwar für Tiefbauunternehmen hohe Anforderungen gestellt im Hinblick auf die Pflicht, sich vor der Durchführung von Erdarbeiten an öffentlichen Straßenflächen nach der Existenz und dem Verlauf unterirdisch verlegter Versorgungsleitungen zu erkundigen. Sie müssen sich Gewissheit über die Verlegung von Versorgungsleitungen im Boden verschaffen. So muss sich der betreffende Tiefbauunternehmer dort, wo entsprechend zuverlässige Unterlagen vorhanden sind, über den Verlauf von Versorgungsleitungen erkundigen; im Rahmen der allgemeinen technischen Erfahrung hat er sich die Kenntnisse zu verschaffen, welche die sichere Bewältigung der auszuführenden Arbeiten voraussetzt.
Bestandsplan maßgeblich
Diesen Anforderungen habe die Beklagte genügt: Sie hat betreffend die im mitübersandten Plan grün ausgewiesenen Kabelverlegungsmaßnahmen bei dem Kläger als dem örtlichen Versorgungsträger den sogenannten Schachtschein nebst Bestandsauskunft eingeholt. Sie war auch nicht aufgrund der ihr obliegenden Verkehrssicherungspflicht gehalten, weitere Erkundigungen daraufhin einzuholen, ob in dem Bestandsplan (überhaupt) nicht eingetragene Hausanschlussleitungen vorhanden sind. Die beschädigte Hausanschlussleitung war in dem Bestandsplan des Klägers überhaupt nicht eingezeichnet, noch ihre Existenz der Beklagten anderweitig bekannt. Das Verständnis des Klägers, wonach bei Tiefbauarbeiten stets eine Einweisung durchgeführt werden müsse, laufe letztlich darauf hinaus, dass einem Bestandsplan überhaupt keine Bedeutung zukäme. Im Übrigen war dem Bereichsleiter des Wasserverbands bekannt, dass sich im Schadensbereich die Schmutzwasserhausanschlussleitung befindet.
Fazit
Unwissenheit kann doch vor Strafe schützen.
(OLG Brandenburg, Urteil v. 5.4.2017, 4 U 24/16)