Unbekannte Erben
Zur Vollstreckung gegen unbekannte Erben oder in unbekannte Nachlassobjekte wird nicht selten eine Nachlasspflegschaft beantragt. Dieses Rechtsinstitut ist jedoch nur anzuwenden, wenn die Vollstreckung vor dem Tod des Erblassers noch nicht begonnen hat. Hat ein Gläubiger bereits vor dem Tod des Schuldners gegen diesen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen aus einem Vollstreckungstitel eingeleitet, kann zum Zwecke der Fortführung der Vollstreckung nach dem Tod des Erblassers ein Nachlasspfleger nicht bestellt werden. Darauf weist das OLG München anhand folgenden Falls hin:
Der Fall
Ein Gläubiger hatte gegen den späteren Erblasser ein Versäumnisurteil auf Zahlung erwirkt. Im Rahmen der Vollstreckung beantragte er den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses gegen den (späteren) Erblasser. Auf eine Ratenzahlungsvereinbarung hin zahlte der Schuldner die titulierten Forderungen teilweise ab. Der Schuldner verstarb ledig und kinderlos. Die gesetzlichen Erben schlugen die Erbschaft aus. Der Gläubiger beantragte zur Fortführung der Vollstreckung die Bestellung eines Nachlasspflegers. Dies lehnte das Nachlassgericht ab, weil es nicht Aufgabe eines Nachlasspflegers sei, ein Nachlassverzeichnis zu erstellen, um für den Nachlassgläubiger pfändbare Nachlassbestandteile zu ermitteln. Zu Recht, wie das OLG München meint.
Rechtsschutzbedürfnis?
Nach § 1961 BGB ist die Bestellung eines Nachlasspflegers zum Zweck der "gerichtlichen Geltendmachung" eines Anspruchs möglich, der sich gegen den Nachlass richtet. Die Norm setzt unter anderem voraus, dass ein Rechtsschutzbedürfnis des Gläubigers besteht, welches bereits in der Tatsache liegt, dass er einen Anspruch gegen den Nachlass geltend machen will. Das Betreiben der Zwangsvollstreckung stellt eine solche gerichtliche Geltendmachung dar.
Wichtige Unterscheidung
Für eine Pflegerbestellung ist jedoch zu unterscheiden, ob die Zwangsvollstreckung schon vor dem Tod des Erblassers begonnen hat oder erst danach eingeleitet wird:
- Sofern der Erblasser (Schuldner) vor Beginn der Vollstreckungsmaßnahmen verstirbt, kann die zur Vollstreckung notwendige Klauselerteilung gegen den Erben an § 1958 BGB scheitern, wenn der Erbe die Erbschaft noch nicht angenommen hat. In diesen Fällen ist nach § 1961 BGB die Bestellung eines Nachlasspflegers angezeigt.
- Hat die Zwangsvollstreckung hingegen bereits begonnen, bevor der Schuldner verstirbt, kann die Vollstreckung auch ohne Klauselumschreibung gegen den Erben in den Nachlass fortgesetzt werden. In dieser Sonderkonstellation sieht § 779 ZPO die Bestellung eines besonderen Vertreters vor, wenn die Zuziehung des Schuldners bei der Vollstreckungshandlung notwendig ist. In diesen Fällen fehlt das Rechtsschutzinteresse zur Bestellung eines Nachlasspflegers.
Fazit
Die Bestellung eines Nachlasspflegers für die unbekannten Erben zum Zweck der Fortsetzung der zu Lebzeiten des Erblassers begonnenen Zwangsvollstreckung in das Nachlassvermögen kann auch dann nicht beantragt werden, wenn dem Gläubiger Nachlassgegenstände, in die er vollstrecken könnte, nicht bekannt sind. Insoweit gilt die Sondernorm des oft übersehenen § 779 Abs. 1 ZPO.
(OLG München, Beschluss v. 20.11.2013, 31 Wx 413/13, NJW-Spezial 2014 S. 7)