"Schnalzende" Bewässerungsanlage
Die Stute der Klägerin hatte auf ihrem Grundstück geweidet. Der Beklagte war Landwirt und Eigentümer des angrenzenden Grundstücks, auf dem er am Schadenstag eine Bewässerungsanlage einschaltete. Die Anlage, die zu Beginn des Betriebs ein lautes "Schnalzgeräusch" hervorruft, beregnete auf einer Länge von rund 10 Metern auch das Weidegrundstück der Klägerin.
Panisches Pferd
Die in Panik geratene Stute flüchtete und verletzte sich beim Überspringen des Weidezauns so schwer, dass sie eingeschläfert werden musste. Der Schaden wurde mit ca. 40.000 EUR beziffert.
Schadensersatz bejaht
Das OLG Celle verurteilte den Landwirt gemäß § 823 Abs. 1 BGB zum Schadensersatz, da er den Tod der Stute durch eine rechtswidrige und schuldhafte Pflichtverletzung i. S. d. § 823 Abs. 1 BGB verursacht hatte.
Verkehrssicherungspflicht verletzt
Durch die Inbetriebnahme der Bewässerungsanlage auf seinem Grundstück ohne vorherige Absicherung, dass der Wasserstrahl nicht auf die Weide der Klägerin gelangte und dadurch die dort befindlichen Pferde in Panik versetzte, hatte der Beklagte seine Verkehrssicherungspflicht gegenüber der Klägerin verletzt.
Wasserstrahl wirkt wie Treibhilfe
Der Wasserstrahl hatte wie eine Treibhilfe gewirkt. Die Flucht davor war aus Sicht des Gerichts ein ganz normales Verhalten des Pferdes. Wenn innerhalb der Fluchtdistanz (hier hatte die Weide eine Abmessung von rund 40 m × 40 m) Hindernisse auftraten, war deren Überwindung bzw. der Versuch der Überwindung ebenfalls normal.
Beregnung des Nachbargrundstücks
Im Ergebnis war das Gericht davon überzeugt, dass gerade in der Beregnung des klägerischen Weidegrundstücks eine maßgebliche Gefahrerhöhung und Auslösung des Fluchtverhaltens der Stute lag. Diese Gefahrenlage hätte der Beklagte auch ohne unzumutbaren Aufwand durch genaue Justierung der Beregnungsanlage vermeiden können. Die Pflichtverletzung war dem Beklagten auch als fahrlässiges Verhalten gemäß § 276 Abs. 2 BGB vorzuwerfen.
Keine Zurechnung der Tiergefahr
Eine Zurechnung der Tiergefahr aufseiten der Klägerin schied aus. Zwar ist anerkannt, dass sich der Geschädigte grundsätzlich eine schadensursächliche Verwirklichung der Tiergefahr des eigenen Tieres wie eigenes Mitverschulden entsprechend § 254 BGB anrechnen lassen muss. Im vorliegenden Fall kam eine Zurechnung aber deswegen nicht zum Zuge, weil der Beklagte durch sein schuldhaftes Verhalten gerade das unberechenbare tierische Fluchtverhalten ausgelöst hat. Dies sollte ihm nicht im Wege des Mitverschuldens wieder zugutekommen.
(OLG Celle, Urteil v. 14.3.2016, 20 U 30/13)