Leitsatz (amtlich)

Die Überlassung von Sportanlagen fällt regelmäßig nicht unter die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG (Änderung der Rechtsprechung).

 

Sachverhalt

Die Klägerin betreibt einen "Sportpark", den sie von ihren Eltern gemietet hat. Die Anlage umfasst Tennis-, Badminton- und Squashplätze, Fitnessraum, Gymnastikraum, Sauna, Solarium, Gaststätte und Sport-Shop. Die Nutzung der Fitness- und Gymnastikeinrichtungen richtet sich nach einem Vertrag, nach dem die Kunden gegen Zahlung einer Aufnahmegebühr und eines bestimmten Monatsbeitrags zur Nutzung berechtigt sind. Neben den Fitness- und Gymnastikeinrichtungen können - ohne zusätzliche Berechnung - die Sauna, ein Ruheraum sowie Umkleideräume und Sanitäreinrichtungen genutzt werden. Zudem können die Fitness- und Gymnastikkunden bis 17 Uhr die Squash- und Badmintonflächen ohne zusätzliche Berechnung, danach zu ermäßigten Preisen beanspruchen. Im Übrigen werden die Tennis-, Squash- und Badmintonplätze stundenweise einzeln oder im Abonnement überlassen. Die Klägerin erklärte die Umsätze des Streitjahres 1990 in vollem Umfang als steuerpflichtig mit dem Regelsteuersatz; die ihr im Zusammenhang mit dem Betrieb des Sportparks in Rechnung gestellte USt machte sie als Vorsteuer geltend. Das Finanzamt meinte, nur die Umsätze in der Gaststätte und im Sport-Shop seien steuerpflichtig. Dagegen sei die entgeltliche Überlassung der Sportanlage in eine steuerfreie Vermietung von Grundstücken und eine steuerpflichtige Vermietung von Betriebsvorrichtungen aufzuteilen. Dementsprechend seien auch die Vorsteuerbeträge nur anteilig abziehbar. Das FG gab der Klage statt[1]. Der BFH bestätigte die Vorentscheidung.

 

Entscheidungsgründe

Nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG ist vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen die Steuer für Leistungen, die der Unternehmer zwar gemäß § 15 Abs. 1 UStG für sein Unternehmen bezieht, aber in dessen Rahmen zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet. Die Verwendungsumsätze, die die Klägerin mit der von ihr betriebenen Sportanlage ausführt, ergeben sich aus der Überlassung der einzelnen Anlagen an die Benutzer. Die Überlassung von Sportanlagen konnte nach der bisherigen BFH-Rechtsprechung umsatzsteuerrechtlich als steuerfreie Grundstücksvermietung[2], steuerpflichtige Vermietung von Betriebsvorrichtungen[3] oder als Leistung besonderer Art, die nicht unter die bezeichnete Steuerbefreiungsvorschrift fällt, zu beurteilen sein. Von Bedeutung waren nach dieser Rechtsprechung weitgehend die Art der Sportanlage und die Besonderheiten ihrer Nutzung[4].

Der Senat hält an diesen vielfach differenzierenden Auslegungsgrundsätzen zu § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG nicht fest und schließt sich den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben des EuGH zur Auslegung des Art. 13 Teil B Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG an[5].

Für die im Streitfall zu beurteilenden Gestaltungen ergibt sich daraus: Die Nutzungsüberlassung der Sporteinrichtungen der Anlage einschließlich der Squash- und Badmintonplätze im Rahmen des "Benutzervertrags über Fitnesseinrichtungen/Gymnastikeinrichtungen" ist eine einheitliche, steuerpflichtige Leistung. Sie ist nicht durch eine gemäß § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG 1980 steuerfreie Grundstücksüberlassung unter Ausschluss anderer Benutzer geprägt, sondern durch die Möglichkeit, das Einrichtungsangebot mit oder ohne Nutzung der Spielflächen in Anspruch zu nehmen. Der Senat bestätigt ferner die Vorentscheidung, soweit das FG die Nutzungsüberlassung der Tennis-, Squash- und Badmintonplätze stundenweise oder im Abonnement als einheitliche steuerpflichtige Leistung beurteilte und dies darauf stützte, die auch hier gegebene Möglichkeit, Einrichtungen des Sportparks - insbesondere die Sauna - zu nutzen, führe zu Leistungsbestandteilen, die nicht "nebensächlich" seien; sie gäben der gesamten Leistung ein anderes Gepräge als eine bloße Spielflächenüberlassung. Aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers handelt es sich um eine wirtschaftlich einheitliche Leistung, die im Interesse eines funktionierenden Mehrwertsteuersystems nicht künstlich aufgespalten werden sollte. Dem Benutzer einer Sportanlage komme es in erster Linie darauf an, die beabsichtigte sportliche Betätigung mit Hilfe der dafür erforderlichen Vorrichtungen ausüben zu können. Der von ihm in Anspruch genommene Leistungsgegenstand ist ein anderer, als er vom Zweck der USt-Befreiung gemäß § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG 1980 umfasst wird, auch wenn regelmäßig das Grundstück bzw. Gebäude wesentliche Voraussetzung für die darauf errichtete Sportanlage ist.

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 31.5.2001 – V R 97/98

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