Leitsatz
- Die Kosten für gelegentliche Hotelübernachtungen am Ort der regelmäßigen Arbeitsstätte sind Werbungskosten, wenn sie beruflich veranlasst sind.
- Der Heimatflughafen ist regelmäßige Arbeitsstätte einer Flugbegleiterin. Für ihre dortige Tätigkeit – z.B. für Fortbildungsveranstaltungen – sind Verpflegungsmehraufwendungen daher nicht zu berücksichtigen.
Sachverhalt
Eine verheiratete Flugbegleiterin mit Wohnsitz im Ausland, die nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt wird, verbrachte an ihrem Einsatzflughafen Frankfurt 4 bis 10 % ihrer Arbeitszeit. Je nach Dienstbeginn bzw. -ende übernachtete sie 1999 gelegentlich im Hotel (Kosten: 750 DM). Für 2000 hatte sie ein Stand-by-Hotelzimmer gemietet (Kosten: 1800 DM). Zudem machte sie infolge Fortbildungsveranstaltungen ihres Arbeitgebers am Flughafen Frankfurt Dienstreisekosten (Verpflegungspauschalen 1999: 712 DM und 2000: 506 DM sowie Hotelkosten 1999: 674 DM) geltend. Das Finanzamt ließ – neben unstreitigen Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Flughafen – nur den Abzug von Hotelkosten des Jahres 2000 zu, weil es wegen der Änderung in R 43 Abs. 1 Satz 1 LStR auf die Anzahl der Übernachtungen nicht mehr ankomme. Die dagegen erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Der Revision gab der BFH teilweise statt.
Entscheidung
Der BFH verneinte für 1999 eine doppelte Haushaltsführung i.S. von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG, da gelegentliche Übernachtungen nicht den Tatbestand "Wohnen" am Beschäftigungsort erfüllten. Er ließ den Abzug der Übernachtungskosten aber nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG zu, da sie aus beruflichem Anlass zu den Kosten des Haushalts am Lebensmittelpunkt hinzugekommen seien. Das sei Folge der Grundentscheidung des Einkommensteuerrechts, Mobilitätskosten als Erwerbsaufwendungen zu berücksichtigen. Durch den BVerfG-Beschluss und zwischenzeitliche Gesetzesänderungen habe sich die Rechtslage geändert, so dass eine Divergenzanfrage wegen früherer Rechtsprechung nicht erforderlich sei.
Dienstreisen aus Anlass von Fortbildungsveranstaltungen verneinte der BFH, weil diese nicht außerhalb, sondern an der regelmäßigen Arbeitsstätte stattgefunden haben. Letzteres ergibt sich daraus, dass sich am Einsatzflughafen die betrieblichen Einrichtungen des Arbeitgebers befunden haben, die die Flugbegleiterin mit einer gewissen Nachhaltigkeit aufgesucht hat, um einen Teil ihrer Arbeitsleistung in Gestalt von Flugvor- und -nachbereitungen sowie gelegentlichen Fortbildungen zu erbringen. Dem steht die Vereinfachungsregelung in R 37 Abs. 2 Satz 3 LStR nicht entgegen, nach der die Verwaltung eine regelmäßige Arbeitsstätte ohne weiteres anerkennt, wenn der Arbeitnehmer dort regelmäßig in der Woche mit mindestens 20 % seiner vertraglichen Arbeitszeit oder durchschnittlich im Kalenderjahr an einem Arbeitstag je Arbeitswoche tätig wird. Denn dies lässt nicht den Umkehrschluss zu, dass eine regelmäßige Arbeitsstätte unter diesen Grenzen immer zu verneinen ist. Danach waren zwar keine Verpflegungspauschalen für die Fortbildungen zu gewähren. Der BFH hat aber im Rahmen des eingeschränkten Revisionsbegehrens saldierend die nicht mehr ausdrücklich geltend gemachten Unterkunftskosten berücksichtigt. Das war möglich, weil dazu Feststellungen des FG vorlagen.
Praxishinweis
Die Ausführungen zu den Unterkunftskosten können auch bedeutsam sein, wenn der Arbeitnehmer zwei – weit auseinander liegende – regelmäßige Arbeitsstätten hat und an einer davon gelegentlich übernachtet. Zweifelhaft ist aber, ob der angedeutete Gleichklang von Fahrt- und Übernachtungskosten generell gilt. Hat ein Arbeitnehmer seinen Wohnsitz vom (einzigen) Beschäftigungsort aus privaten Gründen wegverlegt und führt das zu gelegentlichen Übernachtungen am Arbeitsplatz, dürften diese als gemischte Aufwendungen nicht abziehbar sein, obwohl die – durch den Wegzug erhöhten – Fahrtkosten ungekürzt berücksichtigt werden.
Link zur Entscheidung
BFH-Urteil vom 5.8.2004, VI R 40/03