Leitsatz
Obwohl die Anerkennung einer Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft voraussetzt, dass die Geschäftsführer Wirtschaftsprüfer bzw. Steuerberater sind, führt die Übernahme der Beiträge zu den Berufskammern durch den Arbeitgeber zu Arbeitslohn. Der Arbeitgeber handelt nicht im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse.
Sachverhalt
Das Finanzamt erließ einen Lohnsteuer-Haftungsbescheid, weil eine Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs-GmbH für ihre angestellten Steuerberater und Wirtschaftsprüfer deren Kammerbeiträge übernommen hatte, ohne die diesbezüglichen Vorteile dem Lohnsteuerabzug zu unterwerfen. Die Klage, die nur wegen der Erfassung von Kammerbeiträgen solcher Berufsangehöriger erhoben worden war, die zugleich Geschäftsführer der GmbH waren, hatte keinen Erfolg. Der BFH wies auch die Revision zurück.
Entscheidung
Der BFH grenzt in ständiger Rechtsprechung den Arbeitslohn von Vorteilen ab, die nicht als Ertrag der Arbeit, sondern aus betriebsfunktionalen Gründen, also im sog. ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers gewährt werden. Letzteres ist nicht schon gegeben, wenn der Arbeitgeber eigene – außerhalb der Entlohnung liegende – Zwecke verfolgt, aber ein nicht unerhebliches Interesse des Arbeitnehmers verbleibt, den Vorteil zu erlangen. So ist es hier: Voraussetzung für die Ausübung des Berufs des Steuerberaters oder Wirtschaftsprüfers ist die Mitgliedschaft in der jeweiligen Berufskammer, was die Pflicht zur Beitragszahlung einschließt. Zwar hat auch die GmbH ein Interesse, dass die Kammerbeiträge entrichtet werden, weil sie nur anerkannt wird, wenn die Mitglieder des Vorstands, die Geschäftsführer oder die persönlich haftenden Gesellschafter Wirtschaftsprüfer bzw. Steuerberater sind. Dieses Interesse überlagert aber nicht das Interesse des Berufsangehörigen an der Kostenübernahme, zumal sie bereits zum Wirtschaftsprüfer bzw. Steuerberater bestellt sein müssen, ehe sie zum Geschäftsführer der Beratungs-GmbH berufen werden dürfen.
Hinweis
Das Besprechungsurteil führt die Rechtsprechung fort, mit der der BFH bereits vom Arbeitgeber übernommene Kosten der Berufshaftpflicht einer angestellten Rechtsanwältin als Arbeitslohn angesehen hatte (BFH, Urteil v. 26.7.2007, VI R 64/06, BFH/NV 2007 S. 1993). Hier wie dort handelt es sich um Kosten, die dem jeweiligen Berufsangehörigen – gleichgültig ob er selbstständig oder nichtselbstständig tätig wird – vom Gesetz als Pflichtbeiträge auferlegt sind und die damit in seinen eigenen Verantwortungsbereich fallen. Werden sie ihm vom Arbeitgeber abgenommen, wendet er dem Arbeitnehmer Lohn zu. Das gilt auch für vergleichbare Kosten anderer Berufsangehöriger oder andere dem Arbeitnehmer gesetzlich auferlegte Kosten. Danach liegt z. B. Lohn vor, wenn der Arbeitgeber die Beiträge der Haftpflichtversicherung für ein dem Arbeitnehmer gehörendes Kfz trägt. Sind die übernommenen Kosten durch den Beruf des Arbeitnehmers veranlasst, hat der Arbeitnehmer i. H. der Kostenübernahme Werbungskosten, weil die Aufwendungen aus versteuertem Einkommen des Arbeitnehmers erbracht werden. Wirtschaftlicher Hintergrund des Rechtsstreits des Besprechungsfalls ist folglich, dem Arbeitnehmer einen anderweit nicht ausgeschöpften Arbeitnehmer-Pauschbetrag zu erhalten.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil v. 17.1.2008, VI R 26/06.