Leitsatz
Eine nicht zur Gegenleistung gehörende "auf dem Grundstück ruhende dauernde Last" (§ 9 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 GrEStG) ist nur gegeben, wenn die Belastung bereits im Zeitpunkt des Erwerbsvorgangs auf dem Grundstück ruht und mit dinglicher Wirkung ohne besondere Abrede kraft Gesetzes auf den Erwerber übergeht. Daran fehlt es, solange eine privatrechtliche Belastung noch nicht in das Grundbuch eingetragen ist.
Sachverhalt
Eine GbR kaufte von Landwirt L ein Grundstück für 92 148 DM. In derselben Urkunde gestattete L einer KG den Kiesabbau auf der verkauften Fläche für eine Gegenleistung von 1 072 187 DM. Die GbR stimmte dem zu und trat ausdrücklich in die Verpflichtung zur Duldung des Kiesabbaurechts ein. Zugunsten der KG wurde eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit für das Kiesabbaurecht bestellt. Beim Vertragsabschluss wurde die KG durch die beiden Gesellschafter der GbR vertreten, die mit 60 % bzw. 15 % am Vermögen der KG beteiligt waren. Das Finanzamt setzte Grunderwerbsteuer fest und berücksichtigte dabei den Kaufpreis sowie den Wert des Kiesabbaurechts als von der GbR übernommene "sonstige Leistung" i.S. des § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG.
Entscheidung
Zur grunderwerbsteuerrechtlichen Gegenleistung gehört alles das, was der Erwerber für die Erlangung des Erwerbsgegenstands "Grundstück" aufgewendet hat, d.h. der Kaufpreis einschließlich der übernommenen "sonstigen Leistungen". Eine sonstige Leistung i.S. des § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG liegt u.a. vor, wenn der Erwerber Verbindlichkeiten des Veräußerers übernimmt. Hat sich der Grundstücksveräußerer schuldrechtlich zur Duldung des Kiesabbaus verpflichtet und tritt der Erwerber in diese Verpflichtung ein, liegt hierin deshalb eine "sonstige Leistung" des Erwerbers, die zur Gegenleistung zu rechnen ist.
Das Kiesabbaurecht stellte bei Abschluss des Grundstückskaufvertrags (noch) keine auf dem Grundstück ruhende dauernde Last i.S. des § 9 Abs. 2 Nr. 2 Sätze 1 und 2 GrEStG dar, die nicht zur Gegenleistung gehört. Hierzu zählen nur solche, die im Zeitpunkt des Erwerbsvorgangs "auf dem Grundstück ruhen" und ohne weitere Abrede dinglich auf den Erwerber in seiner Eigenschaft als Grundstückseigentümer übergehen. Eine zunächst nur schuldrechtlich vereinbarte Belastung genügt nicht; vielmehr ist eine Belastung des Grundstücks selbst erforderlich. Hierzu bedarf es der Eintragung eines dinglichen Rechts im Grundbuch.
Im Urteilsfall konnte eine Verpflichtung zur Duldung des Kiesabbaus nicht mit dinglicher Wirkung auf die GbR übergegangen sein, weil das Grundstück noch nicht mit einem dinglichen Recht zugunsten der KG belastet war. Der Wert der sonstigen Leistung ist im Urteilsfall mit dem zwischen L und der KG vereinbarten Entgelt für das Kiesabbaurecht anzusetzen.
Praxishinweis
Soweit der BFH bei der Begründung eines Erbbaurechts den Anspruch auf den Erbbauzins unbeschadet seiner noch fehlenden Eintragung im Grundbuch nicht zur Gegenleistung gerechnet hat, ist dies durch die Anfügung des § 9 Abs. 2 Nr. 2 Satz 3 GrEStG, wonach der Erbbauzins nicht als dauernde Last gilt, überholt. An dieser Entscheidung ist auch insoweit nicht festzuhalten, als dort eine dauernde Last auch für den Fall des Vorbehalts eine Dienstbarkeit zugunsten eines anderen Grundstücks bejaht wurde.
Link zur Entscheidung
BFH-Urteil vom 8.6.2005, II R 26/03