Leitsatz

Trägt der Gesellschafter einer GbR deren Werbungskosten über den seiner Beteiligung entsprechenden Anteil hinaus, sind ihm diese Aufwendungen im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung der Gesellschaft ausnahmsweise dann allein zuzurechnen, wenn insoweit weder eine Zuwendung an Mitgesellschafter beabsichtigt ist noch gegen diese ein durchsetzbarer Ausgleichsanspruch besteht. Auf die Kenntnis der Umstände, aus denen sich die fehlende Durchsetzbarkeit des Ausgleichsanspruchs ergibt, kommt es dabei nicht an.

 

Sachverhalt

A und ihre Mutter erwarben zwei Eigentumswohnungen, die sie in der Rechtsform einer GbR vermieteten. Der Anteil von A an den beiden Wohnungen betrug 70 %, der Anteil ihrer Mutter 30 %. Nach persönlichen Differenzen kündigte A die Gesellschaft zum 31.12.1992, stellte für beide Objekte 1993 einen Antrag auf Teilungsversteigerung und erhielt für beide Wohnungen 1995 den Zuschlag. Seit der Kündigung verweigerte die überschuldete und 1999 verstorbene Mutter jegliche Beteiligung an den laufenden Aufwendungen für die Mietobjekte. In der Erklärung zur einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für das Jahr 1995 setzte A sämtliche laufenden Aufwendungen als Sonderwerbungskosten an. Finanzamt und -gericht rechneten die Einkünfte quotal zu. Nicht so der BFH.

 

Entscheidung

Zwar ist nach § 722 BGB das zivilrechtliche Beteiligungsverhältnis grundsätzlich auch Maßstab für die anteilige steuerrechtliche Zurechnung der Einkünfte. Übernimmt aber einer von mehreren Miteigentümern einen höheren Anteil an den Kosten für die Unterhaltung des gemeinschaftlichen Vermietungsobjekts, so kann ihm dieser Anteil zugerechnet werden, wenn zwei Voraussetzungen vorliegen: Zunächst darf derjenige, der Kosten abweichend von seinem Beteiligungsverhältnis übernimmt, einem anderen damit nicht etwas zuwenden wollen. Überdies darf er die Kosten nicht – z.B. als Kreditgewährung – vorläufig getragen haben, indem er die Erfüllung seines Ausgleichsanspruchs gem. § 426 BGB bloß hinausschiebt. Besteht ein solcher Ausgleichsanspruch aber nicht oder ist er nicht durchsetzbar, so ist es gerechtfertigt, allein dem Leistenden die Kosten als Werbungskosten zuzurechnen.

 

Praxishinweis

Der IX. Senat hat mit dieser Entscheidung seine Rechtsprechung[1] bestätigt. Für die praktische Rechtsanwendung wichtig ist, dass es nicht darauf ankommt, dass der leistende Gesellschafter Kenntnis von der konkreten Vermögenssituation des ausgleichspflichtigen Mitgesellschafters hat. Abzustellen ist nur auf die objektive Unmöglichkeit, diesen Anspruch durchzusetzen.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 23.11.2004, IX R 59/01

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