Leitsatz (amtlich)

Finanzierungskosten, die durch den Abschluss eines Vertrages über eine sofort beginnende Leibrentenversicherungsleistung gegen Zahlung eines Einmalbetrages veranlasst sind, können als Werbungskosten bei den Einkünften aus wiederkehrenden Bezügen abziehbar sein, wenn der Rentenberechtigte (Steuerpflichtiger) nach den gegebenen Umständen, vor allem im Hinblick auf seine (statistische) Lebenserwartung bei Vertragsschluss, damit rechnen kann, dass die Einnahmen (in Höhe der Ertragsanteile) den Finanzierungsaufwand übersteigen.

 

Sachverhalt

Die Kläger, 1954 geborene Eheleute, schlossen 1991 mit der englischen X-Versicherung einen sofort beginnenden Rentenversicherungsvertrag gegen Einmalzahlung von 120 000 DM (41 293 Pfund Sterling x 2,906 DM). Der Vertrag garantiert eine Rentenzahlung von jährlich 4086,99 Pfund Sterling für die Zeit bis zum Tod des längstlebenden Rentenberechtigten. Den Einmalbeitrag finanzierten die Kläger durch ein Darlehen der Landeskreditbank Z (Auszahlung 90%; 10% Disagio). Der Zinssatz war für die ersten zehn Jahre auf 7,68 % festgelegt, danach neu zu vereinbaren. Zumindest für die ersten zehn Jahre galt Tilgungsfreiheit. In ihrer ESt-Erklärung für das Streitjahr 1991 machten die Kläger Werbungskosten nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG von 17 989 DM geltend (13 717 DM Disagio und Bearbeitungsgebühr, 4 115 DM Vermittlungsgebühr und 157 DM für Überweisung des Darlehensbetrags). Für das Streitjahr 1992 errechneten die Kläger einen Werbungskosten-Überschuss von 5 094 DM. Das Finanzamt erkannte die Werbungskosten-Überschüsse nicht an, weil die Kläger keine Überschusserzielungsabsicht besessen hätten. Das FG gab der Klage statt[1]. Der BFH bestätigte die Vorentscheidung.

 

Entscheidungsgründe

Dem FG ist darin zu folgen, dass sich die Frage der Besteuerung im Streitfall allein nach deutschem ESt-Recht richtet[2]. Beizupflichten ist dem FG auch hinsichtlich der Kriterien, die für seine Entscheidung maßgeblich waren, die Überschusserzielungsabsicht der Kläger bei Abschluss des Rentenvertrages anzuerkennen. Bei den sonstigen Einkünften aus Leibrenten kommt es auf den mutmaßlichen Überschuss der Ertragsanteile über die Werbungskosten an. Hinsichtlich der dabei anzusetzenden Beträge gehen die ständige Rechtsprechung, Verwaltungspraxis und h.M. bislang selbstverständlich vom Nennbetrag der im Prognosezeitraum wahrscheinlich erzielbaren Einnahmen und anfallenden Aufwendungen aus. Daran ist festzuhalten. Hiermit unvereinbar ist die Beurteilung der Überschusserzielungsabsicht anhand der vom Finanzamt befürworteten Barwertmethode.

Als innere Tatsache muss sich die Einkünfteerzielungsabsicht anhand objektiver äußerer Merkmale erweisen, zu denen der Erfolg in Gestalt eines Gewinns bzw. Überschusses als wichtiges, nicht aber einziges Beweisanzeichen gehört. Auf den Umfang des Erfolges kommt es dabei, jedenfalls in Fällen des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG, nicht entscheidend an. Für das Streben nach Erfolg kann auch ein "bescheidener Überschuss" als Indiz ausreichen[3].

Ausgehend von der Qualifikation der vertraglichen Leistung als Leibrente hat das FG seiner Überschussprognose zutreffend die Sterbetafel 1986/88 und nicht erst später (1993) bekanntgewordene statistische Werte zugrunde gelegt. In diesem Zusammenhang kommt es allein auf die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses erkennbaren Verhältnisse an. Noch im Statistischen Jahrbuch für 1991 ist die hier maßgebliche mittlere Lebenserwartung der Klägerin (als der mutmaßlich länger lebenden Berechtigten), bezogen auf deren bei Vertragsbeginn vollendetes Alter (37 Jahre), mit 42,99 Jahren angegeben. Der Ansatz von insgesamt 171654 Pfund Sterling (4087 Pfund Sterling x 42) im Rahmen der Einnahmenprognose ist daher ebenso wenig in Frage zu stellen wie derjenige eines Ertragsanteils von 53 %[4]. Die dem Vertrag zugrunde liegende Wechselkurskalkulation von 2,906 DM ist vor allem an den bis dahin bekannten Durchschnittswerten zu "verproben". Stellt man allein auf den durchschnittlichen Wechselkurs des Jahres 1990 (2,886 DM) ab, ergeben sich Gesamteinnahmen von 262 558 DM. Auf der Basis eines aus den zehn vorangegangenen Jahren (1981 bis 1990) ermittelten Durchschnittswerts von 3,392 DM ergeben sich Gesamteinnahmen im Betrag von 308 592 DM. Mithin war die mit dem Vertragsschluss von den Klägern verfolgte Absicht angesichts des vom FG zutreffend ermittelten Aufwands anhand der zu Gebote stehenden Indizien nicht nur auf einen bescheidenen, sondern auf einen deutlichen Totalüberschuss gerichtet: Im ersten Fall (Durchschnittswert 2,886 DM) auf einen solchen von 28 216 DM (262 558 DM ./. 234 342 DM), im zweiten (Durchschnittswert 3,392 DM) auf einen solchen von 74 250 DM (308 592 DM ./. 234 342 DM).

Hinsichtlich der im Rahmen der Prognose anzusetzenden Werbungskosten folgt der Senat den Berechnungen des FG uneingeschränkt. Rechtsfehlerfrei sind nur solche Umstände berücksichtigt worden, die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses erkennbar waren. Mit Recht hat...

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