Leitsatz (amtlich)
Bei einer langfristigen Vermietung wird die Absicht, positive Überschüsse zu erzielen, nicht allein dadurch ausgeschlossen, dass der vereinbarte Mietpreis lediglich rd. zwei Drittel der Marktmiete beträgt (Anschluss an BFH-Urteil vom 30.9.1997, IX R 80/94, BStBl II 1998, S. 771 = INF 1998, S. 124).
Sachverhalt
Mit Vertrag vom 27.4.1993 erwarben die Kläger (zusammen veranlagte Eheleute) zu je 1/2 eine rd. 80 qm große Eigentumswohnung für 460000 DM. Davon wurden 300 000 DM fremdfinanziert. Die Wohnung unterlag für zehn Jahre einer Mietpreisbindung; im Streitjahr 1994 betrug der zulässige Mietzins 14,50 DM/qm. Die Kläger vermieteten die Wohnung ab 1.4.1994 an die Eltern des Klägers. Die Miete sollte 750 DM zuzüglich Nebenkosten betragen, was einem Mietzins von 9,49 DM/qm entsprach. Im Kaufvertrag wurde den Eltern des Klägers als Gesamtberechtigten ein Wohnungsrecht gemäß § 1093 BGB als beschränkt persönliche Dienstbarkeit bis zum Tod des Letztversterbenden eingeräumt. Das Mietverhältnis wurde wie vereinbart durchgeführt. In ihrer ESt-Erklärung 1994 machten die Kläger für die Wohnung einen Werbungskosten-Überschuss von 48 599 DM geltend. Das Finanzamt versagte den Abzug, weil keine Einkünfteerzielungsabsicht gegeben sei. Auch halte das Mietverhältnis aufgrund des Wohnungsrechts einem Fremdvergleich nicht stand. Die Klage blieb erfolglos. Die Revision führte dagegen zur Klagestattgabe.
Entscheidungsgründe
Ein Steuerpflichtiger erzielt nur dann Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, wenn er die Absicht hat, durch die Vermietung langfristig einen Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen. Davon ist grundsätzlich auszugehen, wenn ein Grundstück auf Dauer vermietet wird. Dabei entspricht es dem Regelungszweck des § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG, auch solche Sachverhalte zu erfassen, bei denen über einen längeren Zeitraum hin Werbungskosten-Überschüsse erzielt werden, solange es sich um übliche (typische) Fälle der Vermietung handelt. Das FG geht zu Unrecht davon aus, dass die Vereinbarung des Wohnungsrechts faktisch einer unentgeltlichen Überlassung der Wohnung gleichzusetzen sei, weil der Mietvertrag ins Leere laufe. Wird ein Mietvertrag neben einem Wohnungsrecht vereinbart, bedarf es der Auslegung, was die Beteiligten gewollt haben. Jedenfalls führt ein Nebeneinander von Mietvertrag und Wohnungsrecht nicht ohne weiteres dazu, dass Vereinbarungen über ein Entgelt unwirksam sind. Aber selbst wenn die Vereinbarung im Kaufvertrag, einen Mietvertrag abzuschließen, und der spätere Mietvertrag für die Inhaber des Wohnungsrechts zivilrechtlich nicht bindend sein sollten, wäre dies angesichts ihres tatsächlichen Verhaltens allein kein Grund anzunehmen, dass sie sich in Zukunft darauf berufen werden und den Vermietern deshalb von vornherein die Absicht fehlte, Mieteinnahmen zu erzielen. Davon durfte das FG nur ausgehen, wenn es Anhaltspunkte dafür gab, dass die Eltern des Klägers Mietzahlungen oder auch Mieterhöhungen unter Berufung auf das Wohnungsrecht verweigern würden. Das ist nicht erkennbar.
Der Verzicht der Kläger auf die mögliche Miete kann allein ebenfalls nicht zur Verneinung der Absicht führen, langfristig Überschüsse zu erzielen. Dafür spricht bereits § 21 Abs. 2 Satz 2 EStG. Die Regelung liefe ins Leere, wenn bei einer unter dem Marktüblichen liegenden Miete die Überschusserzielungsabsicht ohne weiteres verneint würde. Wird andererseits eine Wohnung zu einem erheblich unter der Marktmiete liegenden Preis vermietet, kann dies ein Indiz für das Fehlen der Überschusserzielungsabsicht sein. Zu ihrer Verneinung müssen aber weitere Umstände hinzukommen, die den Sachverhalt insgesamt als ungewöhnlich kennzeichnen.
Die Sache ist entscheidungsreif. Der Klage ist stattzugeben. Der vom FG festgestellte Sachverhalt bewegt sich noch im Rahmen einer üblichen Vermietung und wird daher von § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG erfasst. Der Verzicht auf die marktübliche (zulässige) Miete allein vermag, jedenfalls dann, wenn er sich in dem hier festgestellten Rahmen (Miete rund 2/3 der Marktmiete) bewegt und eine Mieterhöhung nicht ausgeschlossen ist, eine Verneinung der Überschusserzielungsabsicht noch nicht zu rechtfertigen. Die Aufnahme von Fremdmitteln in Höhe von 65 % der Anschaffungskosten ist nicht unüblich und daher kein zusätzliches Indiz für das Fehlen der Überschusserzielungsabsicht.
Link zur Entscheidung
BFH vom 27.7.1999 -IX R 64/96