Leitsatz
Im Zusammenhang mit einer Vermögensübergabe zur Vorwegnahme der Erbfolge vereinbarte abänderbare Versorgungsleistungen sind dann nicht als dauernde Last (Sonderausgabe nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG) abziehbar, wenn sie nicht aus den erzielbaren laufenden Nettoerträgen des übergebenen Vermögens gezahlt werden können. Ist Gegenstand der Vermögensübergabe eine wesentliche Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft (GmbH), so ist für die Ermittlung des erzielbaren Nettoertrags nicht auf die tatsächliche, sondern auf die mögliche Gewinnausschüttung, also auf das auf die übertragene Beteiligung anteilig entfallende Jahresergebnis der GmbH, abzustellen.
Sachverhalt
1997 übertrug der damals 62 Jahre alte Vater seinem Sohn einen Anteil von 69 % an der X-GmbH. Im Gegenzug verpflichtete sich der Sohn, dem Vater eine lebenslange, wertgesicherte Rente von monatlich 6000 DM zu zahlen. Das Finanzamt lehnte den vom Sohn begehrten vollen Abzug der Zahlungen als dauernde Last ab und ließ lediglich den Ertragsanteil der Zahlungen zum Sonderausgabenabzug zu. Das FG gab der dagegen gerichteten Klage statt. Mit der Revision machte das Finanzamt geltend, dass die vom Sohn von der GmbH bezogenen Gewinnausschüttungen zur Bestreitung der wiederkehrenden Leistungen an den Vater nicht ausgereicht hätten. Der BFH folgte dem FG.
Entscheidung
Die Versorgungsleistungen können als dauernde Last abgezogen werden, da die Zahlungen aus den zukünftig anfallenden, ausschüttungsfähigen Erträgen der vom Sohn übernommenen GmbH-Anteile bestritten werden können. Das Ausschüttungsverhalten einer Kapitalgesellschaft hängt entscheidend vom Willen ihres beherrschenden Gesellschafters ab. Unterbliebene Ausschüttungen können nachgeholt werden. Zudem stehen das Ausschüttungsverhalten der Kapitalgesellschaft und ein Veräußerungsgewinn nach § 17 EStG in einer Wechselwirkung. Ausschüttungen mindern i.d.R. einen späteren Veräußerungsgewinn, während thesaurierte Gewinne ihn erhöhen. Weiterhin führen thesaurierte Gewinne in späteren Jahren zu steuerpflichtigen Einkünften des Anteilseigners nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG oder nach § 17 EStG. Im Übrigen steigert eine Gewinnthesaurierung i.d.R. die Ertragskraft des Unternehmens mit der Folge, dass die Versorgungsleistungen künftiger Jahre aus höheren Erträgen bedient werden können.
Praxishinweis
Das Urteil entwickelt die vom Großen Senat vorgegebenen Rechtsgrundsätze zur Übertragung von Unternehmen und Beteiligungen gegen Versorgungsleistungen konsequent fort. Dort kommt der eindeutige Wille des Großen Senats zum Ausdruck, die Übertragung von Personenunternehmen und -gesellschaftsanteilen einerseits und von (wesentlichen) Kapitalgesellschaftsanteilen andererseits jedenfalls dann grundsätzlich gleich zu behandeln, wenn sowohl Übergeber als auch Übernehmer im betreffenden Unternehmen als Geschäftsführer tätig waren bzw. sind. Daher erscheint es folgerichtig, hinsichtlich des Gewinns aus einer übertragenen Beteiligung bei Personen- und Kapitalgesellschaftsanteilen gleiche Maßstäbe anzulegen und bei letzteren hinsichtlich der erzielbaren Nettoerträge auf die tatsächlichen Gewinnausschüttungen und die thesaurierten Erträge abzustellen.
Link zur Entscheidung
BFH-Urteil vom 21.7.2004, X R 44/01