Das steht im Urteil

Werden in einer auf dem Hof befindlichen Verkaufsstelle neben eigenen landwirtschaftlichen Produkten auch zugekaufte Produkte abgesetzt, entsteht neben dem landwirtschaftlichen Betrieb ein selbstständiger Gewerbebetrieb, wenn der Nettoumsatzanteil aus den zugekauften Produkten ein Drittel des Nettogesamtumsatzes des Hofladens oder 51.500 EUR nachhaltig übersteigt.

 

Der Sachverhalt

Streitig war, ob Einnahmen aus einem Hofladen zu Einkünften aus Gewerbebetrieb führen, wenn dort neben den landwirtschaftlichen Eigenerzeugnissen auch Handelswaren an den Endverbraucher verkauft werden. Im Streitfall hatte A – der Inhaber eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs mit Schweinemast, Anbau von Spargel, Himbeeren und Erdbeeren – in den Streitjahren (1992 und 1994) einen Teil der selbst erzeugten landwirtschaftlichen Produkte sowie auch zugekaufte Handelsware (Wurst, Schinken, Wein, Marmelade, Nudeln, Liköre) in einem Ladengeschäft auf seiner Hofstelle (Hofladen) direkt an die Endverbraucher verkauft. Die übrigen Erzeugnisse wurden ab Hofstelle an Wiederverkäufer bzw. weiterverarbeitende Betriebe veräußert. Das Finanzamt war der Auffassung, dass die Einkünfte aus dem Betrieb des Hofladens aufgrund des erheblichen Zukaufs von Handelswaren nicht Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, sondern Einkünfte aus Gewerbebetrieb seien. Es sah den Hofladen als selbstständigen Gewerbebetrieb an und erließ für die Streitjahre Bescheide über einheitliche Gewerbesteuermessbeträge.

 

Die Meinung des BFH

Der BFH ist dagegen der Ansicht, dass der Hofladen in den Streitjahren unselbstständiger Teil des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs des A gewesen ist und die daraus erzielten Einkünfte zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft gehören.

Zur Land- und Forstwirtschaft (vgl. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG) zählt neben der Erzeugung landwirtschaftlicher und gärtnerischer Produkte auch deren Vermarktung. Der Verkauf selbst gewonnener landwirtschaftlicher Erzeugnisse ab Hof ist demgemäß stets Teil der landwirtschaftlichen Urproduktion; das gilt insbesondere auch für den Verkauf in einem "Hofladen". – Werden in dem Hofladen allerdings neben den Eigenerzeugnissen auch zugekaufte Produkte abgesetzt, so führt dies unter gewissen Voraussetzungen zur Entstehung eines selbstständigen Gewerbebetriebs.

Für die Annahme eines Gewerbebetriebs hat der BFH – unter Korrektur seiner bisherigen Rechtsprechung – neue Grenzen festgelegt: Hiernach entsteht ein – neben den landwirtschaftlichen Betrieb tretender – selbstständiger Gewerbebetrieb, wenn der Nettoumsatzanteil aus den zugekauften Produkten ein Drittel des Nettogesamtumsatzes des Hofladens oder 51.500 EUR (100.000 DM) im Wirtschaftsjahr "nachhaltig" übersteigt. Ob eine nachhaltige Überschreitung der Zukaufsgrenzenvorliegt, beurteilt sich nach denselben Kriterien, die der BFH auch in anderen Fällen des Strukturwandels im Bereich der Landwirtschaft zugrunde legt.

Danach ist zwischen dem sofortigen und dem allmählichen Strukturwandel zu unterscheiden. Ein sofortiger Strukturwandel liegt vor, wenn die Überschreitung der Zukaufsgrenze durch planmäßige Handlungen des Landwirts dauerhaft überschritten wird, z.B. durch den Abschluss langfristiger Abnahmeverträge mit Lieferanten. Bei einem allmählichen Strukturwandel ist erst nach Ablauf eines Beobachtungszeitraums von drei Jahren ab dem vierten Wirtschaftsjahr ein Gewerbebetrieb anzunehmen. Damit wird der bisherige landwirtschaftliche Betrieb durch die Handelstätigkeit in zwei Betriebe – einen landwirtschaftlichen und einen gewerblichen – aufgespalten.

Im Streitfall wurden die Grenzen zur Gewerblichkeit allerdings nicht überschritten. Die Verkaufstätigkeit im Hofladen hat deshalb zu landwirtschaftlichen Einkünften geführt.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 25.03.2009, IV R 21/06v. 25.3.2009, IV R 21/06

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