Prof. Dr. Andreas Herlinghaus
Leitsatz
Die für die Buchführungspflicht maßgebliche Umsatzgrenze i.S.d. § 141 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO ist unter Einbeziehung der nicht umsatzsteuerbaren Auslandsumsätze zu ermitteln.
Sachverhalt
K ermittelt seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG. Im Streitjahr erzielte er steuerpflichtige Umsätze von 2.787 EUR und nicht steuerbare Auslandsumsätze von 563.611 EUR. Das Finanzamt teilte K mit, dass er aufgrund der Umsatzhöhe buchführungspflichtig sei. Klage und Revision blieben erfolglos.
Entscheidung
Nach § 141 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO in der für das Streitjahr geltenden Fassung ist ein gewerblicher Unternehmer, der für den einzelnen Betrieb Umsätze einschließlich steuerfreier Umsätze, ausgenommen Umsätze nach § 4 Nr. 8 bis 10 UStG, von mehr als 350.000 EUR im Kalenderjahr erzielt hat, auch dann buchführungspflichtig ist, wenn sich die Buchführungspflicht nicht aus § 140 AO ergibt.
Diese Umsatzgrenze wurde mit Wirkung ab 2007 auf 500.000 EUR erhöht.
Fraglich ist, ob in die Umsatzgrenze auch nicht umsatzsteuerbare Auslandsumsätze einzubeziehen sind. Dies bejaht der BFH. Er stellt zunächst klar, dass der Wortlaut des § 141 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO offen und damit auslegungsfähig und -bedürftig ist.
Mit Blick auf den Verweis auf § 4 Nr. 8 bis 10 UStG ergibt sich allerdings, dass der Umsatzbegriff des § 141 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO an die Regelungen des UStG anknüpft, das den Umsatzbegriff nicht allgemein definiert und auch nicht steuerbare Umsätze als Umsätze, welche aber eben nicht der Umsatzsteuer unterliegen, behandelt. Soweit § 141 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO Umsätze nach § 4 Nr. 8 bis 10 UStG ausnimmt, beruht dies alleine auf der Übernahme des Wortlauts der Vorgängerregelung der RAO.
Maßgeblich stellt der BFH auf den mit § 141 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO verfolgten Zweck der "richtigen Gewinnermittlung für die Einkommensbesteuerung" ab. Da bei der Gewinnermittlung eines unbeschränkt Steuerpflichtigen auch Umsätze als Betriebseinnahmen zu berücksichtigen sind, die nicht umsatzsteuerbar sind, ist es gerechtfertigt, bei der Prüfung der Umsatzgrenze prinzipiell von den gesamten Umsätzen auszugehen, die sich ertragsteuerrechtlich auswirken.
Dazu aber gehören auch nicht der Umsatzsteuer unterliegende Auslandsumsätze.
Hinweis
Da die Buchführungspflicht nach § 141 Abs. 2 Satz 1 AO vom Beginn des Wirtschaftsjahrs an zu erfüllen ist, das auf die Bekanntgabe der entsprechenden Mitteilung der Finanzbehörde folgt, bleibt dem Steuerpflichtigen zu deren Vermeidung nichts anderes übrig als bereits im Vorfeld penibel auf die Einhaltung der Umsatzgrenzen zu achten.
Link zur Entscheidung
BFH, 07.10.2009, II R 23/08