Leitsatz
Für die Anwendbarkeit der Regelung zur Berechnung der abziehbaren Vorsteuerbeträge nach Durchschnittssätzen gemäß § 23a UStG ist im ersten Kalenderjahr der unternehmerischen Betätigung der voraussichtliche Umsatz dieses Jahres maßgebend.
Sachverhalt
Ein nicht eingetragener Verein wurde im Sommer 2002 zu gemeinnützigen Zwecken gegründet. Er veranstaltete im September 2002 satzungskonform ein Benefizkonzert, bei dem er 141799 EUR erlöste. In der Umsatzsteuer-Voranmeldung für September 2002 stellte er der Umsatzsteuer daraus 7 % abziehbare Vorsteuer in gleicher Höhe gemäß § 23a Abs. 1 Satz 1 UStG gegenüber, so dass sich keine Zahllast ergab. Das Finanzamt erkannte den pauschalen Vorsteuerabzug nicht an. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das FG führte zur Begründung aus, dass auf den steuerpflichtigen Umsatz des Vorjahrs nicht zurückgegriffen werden könne, so dass der voraussichtliche Umsatz des Kalenderjahrs des Unternehmensbeginns maßgebend sei. Dagegen legte der Verein Nichtzulassungsbeschwerde ein.
Entscheidung
Der BFH ließ die Revision nicht zu. Grundsätzliche Bedeutung war nicht gegeben. Nach § 23a Abs. 2 UStG kann der Unternehmer, dessen steuerpflichtiger Umsatz, mit Ausnahme der Einfuhr, im vorangegangenen Kalenderjahr 30 678 EUR überstiegen hat, den Durchschnittssatz nicht in Anspruch nehmen. Zwar fehlt eine Regelung für Unternehmungsgründungen innerhalb des laufenden Kalenderjahrs. Wie der BFH aber bereits für die Anwendung der Kleinunternehmerregelung in § 19 UStG im Fall des Beginns einer unternehmerischen Tätigkeit entschieden hat, ist in diesen Fällen im ersten Kalenderjahr der unternehmerischen Betätigung der voraussichtliche Umsatz dieses Jahrs maßgebend; das gilt auch für § 23a UStG, wie auch in der Literatur einhellig vertreten wird.
§ 23a UStG soll nach der Gesetzesbegründung "für kleinere gemeinnützige Körperschaften die Ermittlung der abziehbaren Vorsteuerbeträge wesentlich erleichter(n)". Mit diesem Zweck wäre es unvereinbar, wenn die Vorschrift im Fall der Aufnahme der unternehmerischen Tätigkeit im ersten Kalenderjahr unabhängig von der in § 23a Abs. 2 UStG vorgesehenen Umsatzgrenze anwendbar wäre.
Angesichts der Eindeutigkeit der Rechtslage erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des BFH in dem vom Kläger angestrebten Revisionsverfahren.
Praxishinweis
Es spricht einiges dafür, dass die zu § 19 und § 23a UStG ergangene Rechtsprechung auch für die Vorsteuer-Durchschnittssatz-Fälle des § 23 UStG heranzuziehen ist. Auch hier ist nach § 69 Abs. 3 UStDV die Umsatzgrenze von 61356 EUR "im vorausgegangenen Kalenderjahr" zu beachten, ohne dass eine Regelung für Neugründungen besteht. Dann kommt es auf die voraussichtliche Einhaltung dieser Umsatzgrenze im laufenden "Gründungsjahr" an.
Link zur Entscheidung
BFH-Beschluss vom 27.6.2006, V B 143/05