Leitsatz (amtlich)

Die Umsatzsteuer für die steuerpflichtige Lieferung eines mit Grundpfandrechten belasteten Grundstücks im Konkurs durch den Gemeinschuldner nach "Freigabe" durch den Konkursverwalter gehört zu den Massekosten und ist durch Steuerbescheid gegen den Konkursverwalter festzusetzen.

 

Sachverhalt

Der Kläger ist Konkursverwalter über das Vermögen des Fleischgroßhändlers F. Er bemühte sich erfolglos, ein Geschäftsgrundstück des Gemeinschuldners F zu veräußern, das mit Grundpfandrechten von rd. 1,6 Mio. DM belastet war. Mit Schreiben vom 28.1.1993 teilte er dem Gemeinschuldner mit: "… hiermit gebe ich das Objekt … aus dem Konkursbeschlag frei". Am selben Tag beantragte er beim Grundbuchamt die Löschung des Konkurs vermerks. Darauf veräußerte der Gemeinschuldner das Grundstück für 1 270 000 DM (netto) und wies in dem notariellen Kaufvertrag vom 8.2.1993 und in einer außerdem erteilten Rechnung 190 500 DM Umsatzsteuer aus. Der Notar wurde ermächtigt, mit dem Bruttokaufpreis die in Abteilung III des Grundbuchs eingetragenen Belastungen abzulösen. Das Finanzamt setzte gegen den Kläger die Umsatzsteuer für die beschriebene Grundstückslieferung fest. Das FG wies die dagegen gerichtete Klage ab. Der BFH bestätigte die Vorentscheidung.

 

Entscheidungsgründe

Das Finanzamt hat die steuerpflichtige Lieferung des Geschäftsgrundstücks des Gemeinschuldners zutreffend in dem an den Kläger gerichteten USt-Bescheid für 1993 besteuert. Die Umsatzsteuer für diese Grundstückslieferung ist Teil der Massekosten[1].

Der Senat beurteilt die Veräußerung eines zur Konkursmasse gehörenden Grundstücks als Verwertung für Rechnung der Konkursmasse, wenn ihr - wie im Streitfall - der Verwertungserlös zugute kommt. Unter diesen Voraussetzungen ist umsatzsteuerrechtlich unerheblich, dass der Gemeinschuldner die Grundstückslieferung ausgeführt hat, nachdem er vom Konkursverwalter dazu berechtigt worden war. Ebenso ist umsatzsteuerrechtlich nicht erheblich, ob konkursrechtlich eine "echte Freigabe" des Grundstücks oder lediglich eine sog. "modifizierte Freigabe" vorlag. Sowohl bei modifizierter als auch bei echter Freigabe führt die Veräußerung eines mit Grundpfandrechten der Konkursgläubiger belasteten zur Konkursmasse gehörenden Grundstücks durch den Gemeinschuldner zu einer die Konkursmasse betreffenden Verwertung, wenn der Erlös an die Stelle des belasteten Grundstücks tritt, vereinbarungsgemäß an die absonderungsberechtigten Konkursgläubiger[2] ausgekehrt wird und deshalb die Konkursmasse in dieser Höhe entlastet. Der Konkursverwalter, der für die Konkursmasse den wirtschaftlichen Wert des konkursbefangenen Gegenstands erhalten will, weil der Verwertungserlös der Konkursmasse zugute kommen soll[3], trägt dadurch zum Verwertungserfolg bei, auch wenn der Gemeinschuldner an seiner Stelle im Ergebnis zugunsten der Konkursmasse die Verwertung durchführen soll. Ebenso wenig, wie sich der Konkursverwalter durch privatrechtliche Erklärungen vorhandener öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen hinsichtlich eines Grundstücks entziehen kann, kann er die umsatzsteuerrechtlichen Folgen für die Konkursmasse abwenden, wenn diese durch die Verwertung von Verbindlichkeiten entlastet wird. Wenn der wirtschaftliche Wert des Gegenstands (hier: des Grundstücks) unter diesen Umständen der Konkursmasse erhalten bleibt, hat der Gemeinschuldner nur konkursbefangenes Vermögen verwertet. Die Ausgaben im Zusammenhang mit der für Rechnung der Konkursmasse durchgeführten Verwertung des Geschäftsgrundstücks durch eine steuerpflichtige Lieferung sind Massekosten[4]. Dazu gehört auch die Umsatzsteuer. Steuern durch

Verwertungshandlungen - sei es durch den Konkursverwalter, sei es durch den Absonderungsberechtigten[5] oder den zur Verwertung ermächtigten Gemeinschuldner[6]- sind Massekosten und durch Steuerbescheid gegen den Konkursverwalter festzusetzen[7].

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 16.8.2001 – V R 59/99

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