Zusammenfassung
Das Recht zum Vorsteuerabzug entsteht bereits im Zeitpunkt des Leistungsbezugs oder im Fall der Voraus- oder Anzahlung im Zeitpunkt der Zahlung. Ist zu diesem Zeitpunkt die Verwendung des Gegenstands zur Ausführung steuerpflichtiger Umsätze beabsichtigt, ist der Unternehmer zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind (insbesondere eine ordnungsgemäße Rechnung vorliegt). Stellt sich später heraus, dass der Gegenstand entsprechend der ursprünglichen Absicht doch nicht zur Ausführung steuerpflichtiger Umsätze verwendet wird, ist der Vorsteuerabzug zu berichtigen. Die bereits in Anspruch genommenen Vorsteuern sind dann an das Finanzamt in Höhe der schädlichen Nutzung zurückzuzahlen.
1 Allgemeines
Der Vorsteuerabzug richtet sich zunächst nach den Verhältnissen im Zeitpunkt des Leistungsbezugs.Würde dieser Grundsatz uneingeschränkt gelten, hätte dies z. B. bei Erwerb eines Gebäudes, das zur Ausführung steuerpflichtiger Umsätze verwendet werden soll, den Abzug aller in Rechnung gestellten Vorsteuerbeträge zur Folge – selbst dann, wenn das Gebäude in einem späteren Kalenderjahr tatsächlich zu steuerfreien, zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen verwendet würde. Der Gesetzgeber hat in solchen sowie in anderen in § 15a UStG geregelten Fällen vorgesehen, dass bei späterer Änderung der für den Vorsteuerabzug ursprünglich maßgebenden Verhältnisse eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs durchgeführt wird. Durch die Zurückzahlung in Anspruch genommener Vorsteuern an das Finanzamt oder durch nachträgliche Geltendmachung von Vorsteuerbeträgen sollen Vor- und Nachteile für den Unternehmer sowie für den Fiskus vermieden werden. Die Vorsteuerberichtigung erfasst Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens sowie sonstige Leistungen.
2 Berichtigungszeitraum
Der § 15a UStG regelt mehrere unterschiedliche Berichtigungszeiträume. Im Zusammenhang mit einem Grundstück beträgt dieser Berichtigungszeitraum 10 Jahre. Dieser Berichtigungszeitraum gilt nicht nur für den Vorsteuerabzug auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten, sondern auch für nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten.
3 Änderung der Verhältnisse
Nutzungsänderung
Die Berichtigung des Vorsteuerabzugs wird nur erforderlich, wenn eine Änderung der für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse eingetreten ist. Das ist dann der Fall, wenn sich durch die Änderung gegenüber der beim Leistungsbezug abgezogenen Vorsteuer ein höherer oder niedrigerer Vorsteuerabzug ergeben würde. Eine solche Auswirkung tritt z. B. ein, wenn ein Wirtschaftsgut ausschließlich zur Ausführung steuerpflichtiger Umsätze angeschafft, später jedoch ausschließlich zur Ausführung steuerfreier, zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führender Umsätze verwendet wird. § 15a UStG kommt aber nicht zur Anwendung, wenn ein Wirtschaftsgut zunächst für den nichtunternehmerischen Bereich erworben wurde, später dann jedoch für unternehmerische Zwecke verwendet wird. In diesem Fall kann der fehlende Vorsteuerabzug nicht nachgeholt werden.
Änderung der Verhältnisse
Unternehmer B erstellte am 1.3.2021 (Fertigstellung) ein gemischt genutztes Gebäude. Das Gebäude wurde noch im März 2021 vollständig vermietet. Das Erdgeschoss wurde an einen Lebensmittelhändler umsatzsteuerpflichtig vermietet. Die 1. Etage des Gebäudes wurde an einen Steuerberater ebenfalls umsatzsteuerpflichtig vermietet. Die 2. Etage wurde an eine Privatperson umsatzsteuerfrei vermietet. Es ergeben sich folgende Nutzungsanteile:
40 % = Erdgeschoss
30 % = 1. Etage
30 % = 2. Etage
Aufgrund der damaligen Vermietungsabsicht nahm Unternehmer B nur 70 % (Erdgeschoss und 1. Etage) in Anspruch. Im Oktober 2023 zieht der Steuerberater aus der 1. Etage aus. Da B keinen anderen Mieter fand, vermietet er die 1. Etage an einen allgemeinen Arzt, der selbst keine umsatzsteuerpflichtigen Umsätze erzielt.
Folge: Der Berichtigungszeitraum für ein Gebäude beträgt 10 Jahre und beginnt mit dem Monat März 2021. Die Nutzungsänderung erfolgte im Oktober 2023, also innerhalb des 10-jährigen Berichtigungszeitraums. Es muss eine Vorsteuerberichtigung erfolgen, da nach der Neuvermietung nur noch 40 % des Gebäudes umsatzsteuerpflichtig vermietet werden (§ 15a Abs. 1 Satz 2 UStG).
Veränderung der Verhältnisse bei Widerruf einer Option
Eine Änderung der Verhältnisse liegt auch vor, wenn der Unternehmer nach Widerruf einer Option innerhalb des Berichtigungszeitraums ein Wirtschaftsgut des Anlagevermögens nicht mehr zur Ausführung steuerpflichtiger, sondern nur noch für steuerfreie Umsätze verwendet.
Ein Widerruf der Option sollte also grundsätzlich erst nach Ablauf des 5- bzw. 10-jährigen Berichtigungsze...