Leitsatz
- Die Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung, die ein zur Abgabe monatlicher Umsatzsteuer-Voranmeldungen verpflichteter Unternehmer zu berechnen, anzumelden und zu entrichten hat, wenn das Finanzamt ihm die Fristen für die Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldungen und für die Entrichtung der Umsatzsteuer-Vorauszahlungen um einen Monat verlängert hat, ist eine Steueranmeldung.
- Daher kann die Finanzbehörde als Sanktion gegen die verspätete Erfüllung der Verpflichtung zur Berechnung, Anmeldung und Entrichtung einer Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung einen Verspätungszuschlag festsetzen.
- Eine auf Antrag gewährte Dauerfristverlängerung gilt so lange fort, bis der Unternehmer seinen Antrag zurücknimmt oder das Finanzamt die Fristverlängerung widerruft; während der Geltungsdauer der Fristverlängerung muss der Unternehmer die Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung für das jeweilige Kalenderjahr anmelden und entrichten.
Problematik
Eine KG war zur monatlichen Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen verpflichtet. Das Finanzamt gewährte ihr seit 1994 eine Fristverlängerung für die Abgabe der Voranmeldungen und für die Entrichtung der Vorauszahlungen um einen Monat (Dauerfristverlängerung). Für 2002 (Streitjahr) gab die KG Umsatzsteuer-Voranmeldungen für Januar am 15.3.2002, für Februar am 15.4.2002 und für März am 15.5.2002 ab. Daneben meldete sie am 14.5.2002 auf amtlichem Vordruck die Sondervorauszahlung 2002 (§ 47 Abs. 1, § 48 Abs. 2 UStDV) in Höhe v. 215.000 EUR an. Mit Bescheid vom 11.6.2002 setzte das Finanzamt nach Überprüfung die Sondervorauszahlung abweichend auf 262.355 EUR fest und verband damit die Festsetzung eines Verspätungszuschlags in Höhe von 5.000 EUR.
Mit Einspruch und Klage machte die KG ohne Erfolg geltend, dass mit der Anmeldung der Sondervorauszahlung keine "Steuer" angemeldet werde.
Entscheidung des BFH
Der BFH bestätigte die Vorentscheidung.
Nach § 152 Abs. 1 Satz 1 AO kann die Finanzbehörde einen Verspätungszuschlag gegen denjenigen festsetzen, der seiner Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung nicht oder nicht fristgerecht nachkommt. Steuererklärung i. S. des § 152 Abs. 1 Satz 1 AO ist auch eine Steueranmeldung, in der der Steuerpflichtige die Steuer selbst berechnen muss (vgl. jetzt § 150 Abs. 1 Satz 3 AO). Die Umsatzsteuer-Voranmeldung nach § 18 Abs. 1 Satz 1 UStG ist eine solche Steueranmeldung.
Das gilt auch für die Anmeldung der Sondervorauszahlungen, wenn das Finanzamt nach §§ 46 f. UStDV dem Unternehmer auf Antrag die Fristen für die Abgabe der Voranmeldungen und für die Entrichtung der Vorauszahlungen um einen Monat verlängert (Dauerfristverlängerung). Dann haben Unternehmer mit monatlicher Voranmeldung eine Sondervorauszahlung auf die Steuer eines jeden Kalenderjahres zu entrichten, die ein Elftel der Summe der Vorauszahlungen für das vorangegangene Kalenderjahr beträgt.
Während der Geltungsdauer der Fristverlängerung hat der Unternehmer die Sondervorauszahlung für das jeweilige Kalenderjahr bis zum gesetzlichen Zeitpunkt der Abgabe der ersten Voranmeldung zu berechnen, anzumelden und zu entrichten (§ 48 Abs. 2 Satz 1 UStDV). Sie ist "auf die Steuer für das Kalenderjahr zu entrichten" - und damit nicht, wie die KG meint, dem Unternehmer zurückzuerstatten.
Aus diesen Vorschriften ergibt sich, dass die Sondervorauszahlung eine Steuervorauszahlung auf die Umsatzsteuer für das Kalenderjahr ist.
Der BFH hat zwar bereits entschieden, dass es nicht notwendig sei, durch einen Verspätungszuschlag Druck auf die rechtzeitige Abgabe des Antrags auf Dauerfristverlängerung auszuüben, weil der Unternehmer zu diesem Antrag nicht gesetzlich verpflichtet, sondern lediglich berechtigt sei. Dieser Rechtsprechung kann aber nicht entnommen werden, dass die Sondervorauszahlung keine "Steuer"-Vorauszahlung sei. Darum ging es im Streitfall nicht. Eine (hier seit Jahren gewährte) Dauerfristverlängerung gilt so lange, bis der Unternehmer seinen Antrag zurücknimmt oder das Finanzamt die Fristverlängerung widerruft.
Konsequenzen für die Praxis
Die KG vertrat im Streitfall den Standpunkt, dass die Anmeldung der Sondervorauszahlung keine Steuer-Anmeldung i. S. des § 150 Abs. 1 Satz 2 AO sei. Die Sondervorauszahlung solle zu keinen zusätzlichen Einnahmen führen, sondern diene lediglich dem Zweck, die Zinsvorteile des Unternehmers im Falle einer gewährten Dauerfristverlängerung auszugleichen. Auch stelle die in § 48 Abs. 4 UStDV geregelte Verrechnung lediglich die "verfahrensimmanente Rückzahlung der Leistung der Auflage Sondervorauszahlung" dar. Dies sind möglicherweise nur abseitige Spitzfindigkeiten. Der BFH hat "vorsorglich" die Entscheidung veröffentlicht, um ähnlichen Verfahren vorzubeugen.
Das Finanzamt muss jedenfalls nicht jedes Jahr von Neuem über die Dauerfristverlängerung entscheiden. Vielmehr gilt eine auf Antrag gewährte Dauerfristverlängerung bis zur Beendigung des gewählten Verfahrens.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil v. 7.7.2005, V R 63/03, BFH/NV 2005 S. 1907.