Das steht im Urteil
Die verbilligte Überlassung von Arbeitskleidung unterliegt nicht der Mindestbemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 5 Nr. 2 UStG 1999, wenn sie durch betriebliche Erfordernisse bedingt ist.
Der Sachverhalt
Eine Metallbauunternehmerin (A) hatte ihren Arbeitnehmern einheitliche, mit Schriftzug versehene Arbeitskleidung zur Verfügung gestellt, die sie im Betrieb zu tragen hatten. Die private Nutzung war ausgeschlossen. Um die Arbeitnehmer zum sorgsamen Umgang mit der Arbeitskleidung anzuhalten, wurden sie mit monatlich 40 EUR an den Gesamtkosten für das Leasing und die Reinigung der Arbeitskleidung beteiligt. Die tatsächlichen Kosten des Arbeitgebers waren wesentlich höher.
Das Finanzamt war der Auffassung, dass die Überlassung der Arbeitskleidung mit den tatsächlichen Gesamtkosten zu besteuern ist. A begehrte dagegen, die Bemessungsgrundlage für die Besteuerung der Arbeitskleidung auf die Höhe der tatsächlich von den Arbeitnehmern geleisteten Zahlungen herabzusetzen.
Nach Ansicht des Finanzgerichts ist die teilentgeltliche Überlassung der Arbeitskleidung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbar und daher mit den tatsächlich erhaltenen Zahlungen zu besteuern. Zwar sei bei sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer an sein Personal aufgrund des Dienstverhältnisses ausführt, die sog. Mindestbemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 4 UStG anzuwenden (§ 10 Abs. 5 Nr. 2 UStG). Nach Sinn und Zweck der Vorschrift komme jedoch im Streitfall eine Erhöhung der Bemessungsgrundlage um die Differenz zu den Selbstkosten nicht in Betracht.
Die Meinung des BFH
Dieser Ansicht ist der BFH gefolgt. Der Ansatz einer Mindestbemessungsgrundlage ist u.a. nach § 10 Abs. 5 Nr. 2 UStG geboten bei Leistungen, die ein Unternehmer an sein Personal "aufgrund des Dienstverhältnisses" ausführt, wenn das vom Arbeitnehmer hierfür tatsächlich entrichtete Entgelt hinter den Ausgaben des Arbeitgebers (§ 10 Abs. 4 UStG) zurückbleibt.
Die Vorschrift des § 10 Abs. 5 UStG wurde als "abweichende Sondermaßnahme" i.S.d. Art. 27 der Richtlinie 77/388/EWG eingeführt zu dem Zweck, Steuerhinterziehungen oder Steuerumgehungen durch ungerechtfertigte Minderung der Bemessungsgrundlage zu vermeiden. Derartige abweichende nationale Maßnahmen sind eng auszulegen und nur insoweit anzuerkennen, als dies für die Erreichung dieses Zieles unbedingt erforderlich ist. Deshalb sind unentgeltliche Lieferungen oder sonstige Leistungen des Unternehmers an sein Personal nur dann steuerbar, wenn diese "dem privaten Bedarf" des Arbeitnehmers dienen und "keine Aufmerksamkeiten" vorliegen (§ 3 Abs. 1b Nr. 2 UStG). Liegt keine Leistung für den privaten Bedarf des Personals vor, weil sie nicht zur Befriedigung persönlicher Bedürfnisse des Arbeitnehmers erfolgt, sondern durch betriebliche Erfordernisse bedingt ist, handelt es sich um keine Leistung "aufgrund des Dienstverhältnisses" i.S.d. § 10 Abs. 5 UStG. Im Streitfall unterlag die betrieblich bedingte verbilligte Überlassung von Arbeitskleidung demnach nicht der Mindestbemessungsgrundlage.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil v. 29.5.2008, V R 12/07