Dipl.-Finanzwirt Arthur Röck
Leitsatz
Die Erstellung ärztlicher Gutachten, die der Vorbereitung der Entscheidung eines Versicherungsträgers über die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit dienen sollen, ist auch dann nicht nach § 4 Nr. 14 UStG steuerfrei, wenn in den Gutachten Möglichkeiten zur Rehabilitation geprüft werden.
Sachverhalt
Der Arzt erstellte für einen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung Gutachten über das Vorliegen, den Umfang und die Behandlungsmöglichkeiten von Erwerbsminderungen. Soweit diese Gutachten Grundlage für die Entscheidung des Versicherungsträgers über die Gewährung von Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit sein sollten, beurteilte sie das Finanzamt als umsatzsteuerpflichtig, während es Gutachten, die lediglich die medizinische oder berufliche Rehabilitation der Versicherten betrafen, als umsatzsteuerfrei ansah.
Nach § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG sind die Umsätze aus der Tätigkeit als Arzt von der Umsatzsteuer befreit. Steuerbefreit sind nur Tätigkeiten, die zum Zweck der Diagnose, der Behandlung und, soweit möglich, der Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen vorgenommen werden. Nicht befreit sind Leistungen, die sich nicht als "heilberufliche Tätigkeiten" qualifizieren lassen, auch wenn sie eine bestimmte heil- oder heilhilfsberufliche Ausbildung voraussetzen. Wird eine ärztliche Leistung in einem Zusammenhang mit einer Leistung, deren Hauptziel nicht der Schutz einschließlich der Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit ist, sondern die Erstattung eines Gutachtens, das Voraussetzung einer Entscheidung mit nachfolgender Rechtswirkungen ist, findet die Steuerbefreiung auf diese Leistung keine Anwendung.
Im Urteilsfall entschied der Rentenversicherungsträger mit Hilfe dieser Gutachten darüber, ob die Versicherten Anspruch auf Rehabilitationsmaßnahmen oder auf Rente hatten. Insoweit war das Hauptziel nicht der Schutz einschließlich der Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit der zu begutachtenden Person. Es ist deshalb unerheblich, dass die Erbringung der Leistung für den Arztberuf typische Tätigkeiten wie die körperliche Untersuchung des Patienten oder die Prüfung seiner Krankheitsgeschichte umfassen kann. Das Gutachten soll vielmehr einem Dritten den Erlass einer Entscheidung ermöglichen, die gegenüber dem Betroffenen oder anderen Personen Rechtswirkungen erzeugt. Ein mittelbarer Beitrag zum Schutz der Gesundheit des Betroffenen, etwa indem ein neues gesundheitliches Problem entdeckt oder eine frühere Diagnose berichtigt wird, führt nicht zur Steuerbefreiung.
Hinweis
Für die Frage, ob einzelne Gutachten steuerfrei sind nach § 4 Nr. 14 UStG wird auf Abschn. 91a Abs. 3 Nr. 6 UStR verwiesen. Sind bei einem Arzt einzelne Gutachten steuerpflichtig, ist noch zu prüfen, ob deren Umsatzsteuer nicht erhoben wird, weil der Arzt Kleinunternehmer nach § 19 UStG ist. Bei der hier zu prüfenden (Vorjahres)Umsatzgrenze von 17 500 EUR sind die nach § 4 Nr. 14 UStG steuerfreien Umsätze des Arztes nicht zu berücksichtigen.
Link zur Entscheidung
BFH, Beschluss v. 31.7.2007, V B 98/06.