Leitsatz
- Die Leistungen eines Mitglieds eines Wohlfahrtsverbands kommen dem begünstigten Personenkreis auch dann unmittelbar i.S.v. § 4 Nr. 18 Buchst. b UStG zugute, wenn es Fahrdienstleistungen ohne Zwischenschaltung Dritter an Menschen mit Behinderung erbringt und dabei aufgrund eines mit einer anderen Person abgeschlossenen Vertrags tätig wird.
- Für die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 18 UStG kommt es nicht auf die Zweckbetriebsvoraussetzungen des § 66 AO an.
Sachverhalt
Ein Wohlfahrtsverein beförderte aufgrund von Verträgen mit Jugend- und Schulamt sowie Altersheimen behinderte Menschen, z.T. auch ohne Spezialfahrzeuge oder Begleitung, zu Werkstätten, Kindertageseinrichtungen und Schulen. Diese Fahrten beurteilte das Finanzamt als steuerpflichtig. Die Klage hatte Erfolg. Der BFH bestätigte das FG.
Entscheidung
Steuerfrei sind nach § 4 Nr. 18 UStG die Leistungen u.a. der amtlich anerkannten Verbände der freien Wohlfahrtspflege, wenn diese Unternehmer ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen, die Leistungen unmittelbar dem nach der Satzung, Stiftung oder sonstigen Verfassung begünstigten Personenkreis zugutekommen und die Entgelte für die in Betracht kommenden Leistungen hinter den durchschnittlich für gleichartige Leistungen von Erwerbsunternehmen verlangten Entgelten zurückbleiben.
Das Merkmal der Unmittelbarkeit ist nach ständiger Rechtsprechung leistungsbezogen auszulegen. Notwendige, aber hinreichende Bedingung ist daher, dass die Leistungen dem nach der Satzung begünstigten Personenkreis selbst unmittelbar zugutekommen.
Dass der Leistungsempfänger – der Vertragspartner des Leistenden – nicht mit der begünstigten Person identisch ist, ist daher unerheblich.
Ob es sich bei der wirtschaftlichen Tätigkeit des leistenden Unternehmers um einen Zweckbetrieb handelt, ist für die Steuerbefreiung ohne Bedeutung, weil das tätigkeitsbezogene Merkmal, wonach die Leistung unmittelbar den begünstigten Personen zugutekommen muss, die allgemein für die Begünstigung gemeinnütziger Körperschaften zu prüfende Voraussetzung, ob die Leistungen im Rahmen eines Zweckbetriebs erfolgen, verdrängt.
Auch eine Wettbewerbsverzerrung ist nicht zu prüfen. Im Hinblick auf vom Leistenden zu erfüllende Voraussetzungen und das Abstandsgebot ist dieser Regelung immanent, dass Wettbewerber, die dieselben Leistungen erbringen, ohne die personellen Voraussetzungen dieser Vorschrift zu erfüllen, benachteiligt werden.
Link zur Entscheidung
BFH, 15.9.2011, V R 16/11.