Leitsatz
- Tanzkurse, die ein gemeinnütziger Verein durchführt, sind nicht gemäß § 4 Nr. 22 UStG von der Umsatzsteuer befreit.
- Sie können aber dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG unterliegen.
Konsequenzen für die Praxis
Die Entscheidung ist weniger wegen der Ablehnung der Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 22 UStG für "Veranstaltungen belehrender Art" auf dem Gebiet des Sports von Bedeutung, auch wenn sie die in Abschn. 115 Abs. 3 UStR zugelassene Praxis relativiert. Unter diese Befreiungsvorschrift fallen (bei richtlinienkonformer Auslegung) nur solche Kurse, die als Erziehung von Kindern und Jugendlichen, als Schul- oder Hochschulunterricht, als Ausbildung, Fortbildung oder berufliche Umschulung zu qualifizieren sind.
Die Tanzkurse des Klägers dienten aber nicht den Aus- oder Fortbildungszwecken, sondern der Freizeitgestaltung der Teilnehmer. Soweit sich der Kläger darauf beruft, dass nach Abschn. 115 Abs. 3 UStR zu den Veranstaltungen belehrender Art auf dem Gebiet des Sports auch die Erteilung von Sportunterricht, z. B. die Erteilung von Schwimm-, Tennis-, Reit-, Segel- und Skiunterricht gehört, mag offen bleiben, ob diese Regelung von § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG (in richtlinienkonformer Auslegung) gedeckt wird. Denn der Kläger hat - wie er selbst betont - keinen Sportunterricht (Tanzsportler) erteilt.
Wie der Kläger selbst ausführt, handelt es sich dabei nicht um "sportliche Veranstaltungen". Damit greift auch § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG nicht ein. Sie sind auch keine "kulturellen Veranstaltungen". Denn sie dienten in erster Linie der Verbesserung der tänzerischen Fähigkeiten der einzelnen Teilnehmer. Das gilt auch dann, wenn daneben auch weitere Zwecke verfolgt wurden.
Interessanter ist vielmehr der Hinweis auf den ermäßigten Steuersatz für gemeinnützige Körperschaften nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG. Wird ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb gem. § 65 AO 1977 unterhalten, muss er - für die Vergünstigung - ein Zweckbetrieb sein. Er muss also die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Körperschaft verwirklichen und insbesondere zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlicher Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb treten, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist.
Dass § 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG mit Art. 12 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 3 der 6. EG-Richtlinie nicht unbedingt vereinbar ist, spielt hier keine Rolle. Der BFH verwies darauf, dass in einem solchen Fall das für den gemeinnützigen Verein günstigere nationale Recht vorginge. Eine belastende richtlinienkonforme Auslegung ist nur sehr eingeschränkt möglich. Die Finanzverwaltung kann sich nicht auf die für sie günstigere Richtlinie berufen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil v. 27.4.2006, V R 53/04, BFH/NV 2006 S. 1599.