Dipl.-Finanzwirt Arthur Röck
Leitsatz
Die Abgabe von Bratwürsten, Pommes Frites und ähnlichen standardisiert zubereiteten Speisen zum Verzehr an einem Tisch mit Sitzgelegenheiten ist – wie bisher – ein dem Regelsteuersatz unterliegender Restaurationsumsatz. Jedoch dürfen Verzehrvorrichtungen – anders als bisher – nur als Dienstleistungselement berücksichtigt werden, wenn sie vom Leistenden als Teil einer einheitlichen Leistung zur Verfügung gestellt werden.
Sachverhalt
In den Jahren 2000 bis 2003 verkaufte der Steuerpflichtige in einem vor seinem Ladengeschäft (Fleischerei) aufgebauten Imbissstand mit bedachter umlaufender Verkaufstheke verzehrfertige Bratwürste, Pommes Frites und täglich wechselnde Gerichte. Vor dem Stand befindet sich eine fest installierte, allgemein zugängliche städtische Sitzbank und ab 1.8.2003 eine von ihm aufgestellte "Bierzeltgarnitur" mit zwei Bänken und einem Tisch.
Stellt bei der Abgabe von Standardspeisen der leistende Unternehmer seinen Kunden zusätzliches Mobiliar wie Tisch(e) mit Sitzgelegenheiten zur Verfügung, liegt nach den EuGH-Urteilen v. 10.3.2011, C-497/09, C-499/09, C-502/09, Bog u.a. ein dem Regelsteuersatz unterliegender Restaurationsumsatz vor.
Im Urteilsfall ist die zur Verfügung stehende vor dem Imbissstand installierte städtische Bank, im Gegensatz zur bisherigen BFH-Rechtsprechung, nicht als Dienstleistungselement berücksichtigungsfähig, da sie von einem Dritten (hier Stadt) zur Verfügung gestellt wurde (ebenso Tische und Bänke eines Standnachbarn). Deshalb unterliegen die Umsätze bis zum 1.8.2003 voll dem ermäßigten Steuersatz.
Seit dem 1.8.2003 stellte der Steuerpflichtige, im Unterschied zur lediglich "behelfsmäßigen Infrastruktur" von Imbissständen, seinen Kunden selbst zusätzlich "Mobiliar" (Tisch mit Sitzgelegenheit) zur ausschließlichen Erleichterung des Speisenverzehrs zur Verfügung. Da der Auf- und Abbau sowie die Reinigung der Bierzeltgarnitur einen "gewissen personellen Einsatz" erfordert, wird die Schwelle zum Restaurationsumsatz (19 %) ab 1.8.2003 überschritten. Daran ändert auch nichts das Fehlen der typischen Elemente der Restauration wie Beratung und Bedienung der Kunden, geschlossene temperierte Räume, Toiletten. Jedoch unterliegen ab dem 1.8.2003 nur die auf die Bierzeltgarnitur entfallenden Umsätze dem Regelsteuersatz.
Bei evtl. fehlenden aussagekräftigen Aufzeichnungen kann das FG bei der Aufteilungsschätzung das Verhältnis der (möglichen) Stehplätze am Imbissstand zu den (möglichen) Sitzplätzen auf den beiden Bänken der Bierzeltgarnitur berücksichtigen (sofern keine Zweifel daran bestehen, dass die Bierzeltgarnitur auch im November und Dezember 2003 aufgestellt wurde).
Hinweis
Bei Imbissständen mit nur behelfsmäßigen Verzehrvorrichtungen (ohne Sitzgelegenheit) unterliegt dagegen die Abgabe standardisiert zubereiteter Speisen dem ermäßigten Steuersatz von 7 % (Änderung der Rechtsprechung, BFH-Urteil v. 30.6.2011, V R 35/08).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil v. 30.6.2011, V R 18/10.