Zusammenfassung

 
Überblick

Versteckte Altlasten sorgen immer wieder für böse Überraschungen – und dann für gerichtliche Auseinandersetzungen. Im zivilrechtlichen Bereich taucht das Altlastenproblem vor allem in 2 Fallkonstellationen auf:

  • Der Grundbesitzer hat ein Grundstück erworben, das sich später als mit Schadstoffen verunreinigt erweist. Wenn also bereits "das Kind in den Brunnen gefallen ist", geht es darum, wer letztendlich – unabhängig von der behördlichen Inanspruchnahme als Störer – für die Kosten der Beseitigung und die sonstigen Schäden zivilrechtlich haftet.
  • Es ist der Erwerb eines Grundstücks geplant, dessen Erdreich möglicherweise schadstoffbelastet ist. Hier fragt es sich: Welche Vorsorge ist bei Abschluss des Kaufvertrags zu treffen?
 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Die rechtliche Beurteilung erfolgt anhand des Kaufrechts, §§ 433 ff. BGB.

1 Wer ist verantwortlich?

Regress schwierig

Der von den Behörden wegen einer Altlastsanierung in Anspruch genommene Grundstückseigentümer ist natürlich daran interessiert, bei Dritten wegen der (oft immensen) Kosten Rückgriff zu nehmen. Einem Regress ist jedoch nur selten Erfolg beschieden, weil ein entsprechender Anspruch nicht besteht oder aber bereits verjährt ist.

Wer kann haften?

Als mögliche Verantwortliche kommen in Betracht:

  • der Verkäufer
  • der Verursacher
  • die Bank
  • der Mieter
  • die Gemeinde (Amtshaftung)
  • öffentlicher Auftraggeber

Darüber hinaus kommt ein Regress gegen den Sachverständigen in Betracht, der ein fehlerhaftes Gutachten erstellt hat.[1]

Schmerzensgeld möglich

Bei diesen Ansprüchen wird es mitunter um Beseitigung von Kontaminierungen, meist jedoch um Schadensersatz gehen. Hier ist zu beachten, dass gemäß § 253 Abs. 2 BGB auch bei Vertragsverletzungen ein Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld bestehen kann.

[1] Dazu unten Abschnitt 7.

2 Haftung des Verkäufers

2.1 Gesetzliche Regelungen

Gesetzesänderung

Da die Altlast – wie auch schon der konkrete Altlastenverdacht![1] – einen Fehler des Grundstücks darstellt, hat der Käufer grundsätzlich gegen den Verkäufer Ansprüche wegen Sachmängelhaftung.

Seit der Änderung des BGB zum 1.1.2002[2] beurteilen sich die Rechte des Käufers wegen Mängeln nach § 437 BGB: Der Käufer kann (und muss vorrangig!) Nacherfüllung verlangen. Das bedeutet, er kann grundsätzlich nach seiner Wahl die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache begehren (§ 439 Abs. 1 BGB), wobei die Ersatzbeschaffung bei Grundstückskäufen wegen "Unmöglichkeit" regelmäßig ausscheiden wird. Daneben bleiben ihm die Rechte auf Rücktritt vom Kaufvertrag, Minderung des Kaufpreises sowie Schadensersatz oder Ersatz vergeblicher Aufwendungen.[3]

Sachmangel?

Das kontaminierte Grundstück stellt auch nach neuem Recht im Allgemeinen einen Sachmangel dar: Zur üblichen Beschaffenheit eines Grundstücks gehört es nun einmal, dass es frei von Altlasten ist.[4] Dies gilt auch für den Verdacht einer Altlast.[5]

Verschulden bei Vertragsschluss

Ansprüche wegen Verschuldens bei Vertragsschluss (§§ 280, 311 Abs. 2 BGB) sind im Sachbereich der §§ 434 ff. BGB nach Gefahrübergang grundsätzlich ausgeschlossen; das gilt jedoch zumindest dann nicht, wenn der Verkäufer den Käufer über die Beschaffenheit der Sache arglistig getäuscht hat.[6]

Verjährungsfristen

Die Verjährungsfrist beträgt gemäß § 438 Abs. 1 – 3 BGB bei einem Grundstück 2 Jahre, bei arglistigem Verschweigen des Mangels 3 Jahre. Die Verjährung beginnt mit der Übergabe des Grundstücks.[7]

[1] Dazu Abschnitt 2.2.
[2] Durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26.11.2001, BGBl. I S. 3138.
[3] Ausführlich Müggenborg, NJW 2005, S. 2810; Gaier, NZM 2005, S. 161.
[4] Dazu OLG Celle, Urteil v. 21.8.2008, 8 U 49/08, NJOZ 2009 S. 3778.
[5] Eingehend Abschnitt 2.2.2.
[7] Dazu Müggenborg, a. a. O., S. 2811 ff.

2.2 Aufklärungspflichten und Arglist

2.2.1 Was ist Arglist?

Arglistiges Verschweigen

Der BGH hat sich auch in jüngerer Zeit mit der Problematik des arglistigen Verschweigens befasst und dazu festgestellt: Arglistig i. S. v. § 444 BGB handele, wer einen Sachmangel zumindest für möglich halte und gleichzeitig wisse oder damit rechne und billigend in Kauf nehme, dass der Vertragspartner den Sachmangel nicht kenne und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte.[1]

Objektiv begründe schon die dem Verkäufer bekannte und von ihm verschwiegene Nutzung arglistiges Verhalten. Für den subjektiven Tatbestand der Arglist reiche aus, dass der Verkäufer die frühere Nutzung kannte und das Vorliegen eines Altlastenverdachts für möglich hielt. Eine konkrete Kenntnis von in den Boden gelangten Schadstoffen oder Materialien sei gerade nicht erforderlich.

Nicht nur bei Betrug

Dementsprechend  muss nicht unbedingt eine betrügerische Absicht vorliegen; es genügt bedingter Vorsatz im Sinn eines "Fürmöglichhaltens und Inkaufnehmens", ohne dass es auf ein moralisches Unwerturteil ankäme.[2]

Mangel erkennbar?

Ist der Verkäufer und Nutzer des kontaminierten Grundstücks ein Bauunternehmer, dann liegt...

Dieser Inhalt ist unter anderem im WohnungsWirtschafts Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?