Ausschluss der Vermutung bei Normalbetrieb

Allerdings gilt die Ursachenvermutung nicht uneingeschränkt. So entfällt die Vermutung nach § 6 Abs. 2 UmweltHG, wenn die Anlage bestimmungsgemäß betrieben wurde; ein solcher Normalbetrieb liegt vor, wenn die besonderen Betriebspflichten eingehalten worden sind und auch keine Störung des Betriebs vorliegt. Die Beweislast für die Einhaltung der Betriebspflichten trifft den Anlagenbetreiber. Auch ihm hilft eine gesetzliche Vermutung: Nach § 6 Abs. 4 UmweltHG wird die Einhaltung der Betriebspflichten – und damit der Normalbetrieb – vermutet, wenn die Anlage aufgrund öffentlichen Rechts zur Kontrolle der Betriebspflichten verpflichtet war und diese Kontrollen im Zeitraum der fraglichen Umwelteinwirkung ohne Beanstandung durchgeführt worden sind oder diese Umwelteinwirkung länger als 10 Jahre zurückliegt.

Alternativursache

Weiterhin gilt die Ursachenvermutung gemäß § 7 Abs. 2 UmweltHG dann nicht, wenn ein anderer Umstand nach den Gegebenheiten des Einzelfalls geeignet ist, den Schaden zu verursachen.[1] Die Kausalitätsvermutung wird aber nicht dadurch ausgeschlossen, dass mehrere Anlagen schadensgeeignet sind, denn sonst könnten sich die Inhaber wechselseitig durch Zuweisung der Ursachenvermutung entlasten. Auch in diesem Fall gilt daher: Die Vermutung entfällt nur, wenn eine "andere Ursache" den Schaden ausgelöst haben könnte.

Mitwirkungspflicht

Gerade in Umwelthaftungsfällen treffen neben dem potenziellen Schädiger auch den Geschädigten umfangreiche Mitwirkungspflichten: Beweiserleichterungen bis hin zu einer Beweislastumkehr kann nicht in Anspruch nehmen, wer sich bei schwierigen Beweislagen insbesondere im Fall der haftungsbegründenden Kausalität einer zumutbaren Sachaufklärung verweigert.

 
Praxis-Beispiel

Verweigerung der Sachaufklärung

Die Geschädigte verweigert sich einer Untersuchung und Anamneseerhebung durch den gerichtlichen Sachverständigen trotz mehrfacher Aufforderung und Fristsetzung und füllt den Umweltfragebogen nur unzureichend aus.[2]

Theorie und Praxis

Die bisher bekannt gewordenen obergerichtlichen Entscheidungen zeigen allerdings, dass es für den Geschädigten in der Praxis schwierig ist, seine Schadensersatzansprüche mithilfe des UmweltHG durchzusetzen. Da es an einer "Waffengleichheit" zwischen dem sachunkundigen Geschädigten und dem Betreiber komplexer Anlagen fehlt, lässt der BGH substanziierte Vermutungen als Beweisantritt ausreichen und verlangt von den Tatsacheninstanzen umfangreiche Sachaufklärung.[3]

[1] Vgl. OLG Düsseldorf, Urteil v. 10.12.1993, 22 U 172/93, VersR 1995 S. 551; BGH, Urteil v. 17.6.1997, VI ZR 372/95, NJW 1997 S. 2748.
[3] Vgl. ausführlich Salje, VersR 1998, S. 797 ff. m. w. N.; ferner Petersen, NJW 1998, S. 2099.

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