Leitsatz

Die unentgeltliche Übertragung eines Grundstücks zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch einen Träger öffentlicher Verwaltung auf eine GmbH ist keine freigebige Zuwendung i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG und deshalb auch nicht nach § 3 Nr. 2 GrEStG von der Besteuerung ausgenommen.

 

Sachverhalt

Der Landkreis L ist Alleingesellschafter einer Krankenhaus-GmbH (GmbH). Dieser GmbH übertrug L schenkweise mit einem Krankenhaus bebaute Grundstücke. Die GmbH verpflichtete sich zur Rückübertragung der Grundstücke, wenn sie nicht mehr zum Betreiben eines Krankenhauses genutzt werden. Das Finanzamt setzte hierfür Grunderwerbsteuer gegen die GmbH fest. Diese ist der Meinung, der Erwerb sei nach § 3 Nr. 2 GrEStG steuerfrei.

 

Entscheidung

Auf den nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG der Grunderwerbsteuer unterliegenden Erwerb der GmbH ist § 3 Nr. 2 GrEStG nicht anzuwenden, weil die Übertragung der Grundstücke nicht schenkungsteuerbar ist. Nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gilt als Schenkung unter Lebenden jede freigebige Zuwendung, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird. Am Merkmal der Freigebigkeit fehlt es, wenn ein Träger öffentlicher Verwaltung in Wahrnehmung der ihm obliegenden Aufgaben handelt. Aufgrund der Bindung der vollziehenden Gewalt an Gesetz und Recht[1] ist im Regelfall anzunehmen, dass solchen Vermögensübertragungen regelmäßig die Erfüllung der den Trägern öffentlicher Verwaltung obliegenden Aufgaben gegenübersteht und sie somit nicht freigebig erfolgen. Ein Anspruch des begünstigten Verwaltungsträgers auf eine unentgeltliche Vermögensübertragung ist nicht erforderlich, um die Freigebigkeit der Zuwendung auszuschließen. Entscheidend ist nur die Verknüpfung der Vermögensübertragung mit der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben, die auch im Ermessen der zuwendenden Stelle liegen kann.

So liegt es im Streitfall. Denn nach § 1 Abs. 2 des hier maßgeblichen brandenburgischen Krankenhausgesetzes ist die Sicherstellung der Krankenversorgung in Krankenhäusern eine öffentliche Aufgabe u.a. der Landkreise.

Die Bezeichnung des Vertrags als "Schenkungsvertrag" ist für die Anwendung des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG unerheblich, weil der objektive Tatbestand der freigebigen Zuwendung nach schenkungsteuerrechtlichen Maßstäben zu bestimmen ist und das von den Beteiligten gewählte bürgerlich-rechtliche "Vertragskleid" keine Bedeutung hat[2].

 

Praxishinweis

Mit dieser Entscheidung entwickelt der BFH die Grundsätze seines Urteils vom 1.12.2004[3], in dem es um unentgeltliche Vermögensübertragungen zwischen Trägern öffentlicher Verwaltung ging, konsequent weiter.

Das Merkmal der Freigebigkeit fehlt im Streitfall auch deshalb, weil nach allgemeiner Ansicht Vermögensübertragungen von einem Gesellschafter auf "seine" GmbH der Zweckförderungspflicht entsprechen[4].

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 29.3.2006, II R 15/04

[4] Vgl. R 18 Abs. 2 ErbStR

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