Leitsatz

Bestellt eine Kommune einem freien Träger der Wohlfahrtspflege zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben unentgeltlich ein Erbbaurecht an einem Grundstück mit aufstehendem Senioren- und Pflegeheim, ist dies keine freigebige Zuwendung und daher nicht gemäß § 3 Nr. 2 GrEStG grunderwerbsteuerfrei.

 

Sachverhalt

Die Stadt S übergab ein Senioren- und Pflegeheim in die Rechtsträgerschaft des Kreisverbandes eines Trägers der freien Wohlfahrtspflege (T) zur Weiterführung des Heimbetriebs und bestellte T unentgeltlich ein Erbbaurecht an dem Heimgrundstück. T verpflichtete sich, das Erbbaugrundstück ausschließlich für Zwecke eines Senioren- und Pflegeheims zu nutzen. Das Finanzamt setzte für die Erbbaurechtsbestellung auf der Grundlage eines gesondert festgestellten Grundbesitzwerts Grunderwerbsteuer fest. T verlangt die Aufhebung des Bescheids, weil es sich bei dem Erwerbsvorgang um eine Grundstücksschenkung handele, die nach § 3 Nr. 2 GrEStG steuerbefreit sei.

 

Entscheidung

Die nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG der Grunderwerbsteuer unterliegende Erbbaurechtsbestellung ist nicht nach § 3 Nr. 2 GrEStG steuerfrei, weil der Vorgang nicht unter das ErbStG fällt.

Unentgeltliche Vermögensübertragungen von Trägern öffentlicher Verwaltung sind nicht schenkungsteuerbar i.S. von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, da sie regelmäßig nicht freigebig erfolgen[1]. Aufgrund der Bindung der vollziehenden Gewalt an Gesetz und Recht[2], darunter auch an die jeweils maßgebenden haushaltsrechtlichen Vorschriften, ist im Regelfall anzunehmen, dass Träger öffentlicher Verwaltung in Wahrnehmung der ihnen obliegenden Aufgaben und somit nicht freigebig handeln. Vermögensübertragungen steht regelmäßig die Erfüllung der den Trägern öffentlicher Verwaltung obliegenden Aufgaben gegenüber.

S handelt hier in Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe der kommunalen Daseinsvorsorge, weil sie einem Träger der freien Wohlfahrtspflege den Betrieb derartiger Heime erleichtert oder gar erst ermöglicht, indem sie ihm die bereits vorhandenen Einrichtungen überlässt, solange sie dafür sorgt, dass die Zweckbindung des übertragenen Vermögens gesichert ist.

 

Praxishinweis

T hatte vergeblich auf die Steuerbarkeit nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gesetzt, die ihn wegen der Schenkungsteuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 16 ErbStG nicht belastet und gleichzeitig zur Grunderwerbsteuerbefreiung nach § 3 Nr. 2 GrEStG geführt hätte. Anders können die Dinge liegen, wenn eine Körperschaft, die keinen öffentlich-rechtlichen Bindungen unterliegt, z.B. eine Religionsgemeinschaft, unentgeltlich Grundstücke auf einen Rechtsträger i.S. von § 13 Abs. 1 Nr. 15ff. ErbStG überträgt. In einem solchen Fall kann ein schenkungsteuerbarer Vorgang vorliegen, der weder Grunderwerb- noch Schenkungsteuer auslöst.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 29.3.2006, II R 68/04

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