Leitsatz (amtlich)
"Unentgeltlich" i.S. des § 4 Satz 2 EigZulG ist nur eine Wohnungsüberlassung, für die keinerlei Entgelt gezahlt wird; eine Gegenleistung gleich welcher Art und Höhe ist förderungsschädlich.
Sachverhalt
Die Kläger (Eheleute) erwarben mit Vertrag vom 20.9.1996 ein Wohnhaus für 399 000 DM, das vom Bruder der Klägerin (B) und dessen Ehefrau genutzt wird. Die Kläger nahmen zur Finanzierung des Hauses Bankdarlehen über insgesamt 303 000 DM auf. Von den Eheleuten B erhielten sie im Oktober 1996 insgesamt 61148 DM. Hiervon zahlten die Kläger 11148 DM bar zurück, über die verbliebenen 50 000 DM schlossen sie im Januar 1997 einen Darlehensvertrag, der sich darüber hinaus auf die Gewährung weiterer Darlehen über insgesamt 190 000 DM erstreckte. Bei allen Darlehen war ein Zinssatz von 2,5 % p.a. über dem Bundesbank-Diskontsatz vereinbart. Die Darlehen sollten auf unbestimmte Zeit gewährt werden. Das Finanzamt versagte die Eigenheimzulage, da wegen der Mitfinanzierung des Hauses durch die Eheleute B keine unentgeltliche Überlassung an Angehörige vorliege. Das FG gab der dagegen gerichteten Klage statt. Auf die Revision hob der BFH die Vorentscheidung auf und verwies die Sache zurück.
Entscheidungsgründe
Das FG ist ohne hinreichende tatsächliche Feststellungen von einer unentgeltlichen Wohnungsüberlassung ausgegangen. Gemäß §§ 1,4 Satz 1 EigZulG ist Voraussetzung für die Gewährung der Eigenheimzulage u.a., dass der anspruchsberechtigte Steuerpflichtige die Wohnung zu eigenen Wohnzwecken nutzt. Nach § 4 Satz 2 EigZulG liegt eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken auch vor, soweit eine Wohnung Angehörigen i.S. des § 15 AO unentgeltlich zu Wohnzwecken überlassen wird.
"Unentgeltlich" i.S. des § 4 Satz 2 EigZulG ist nur eine Wohnungsüberlassung, für die keinerlei Entgelt gezahlt wird; denn die den Nebensatz einleitende restriktive Konjunktion "soweit" bezieht sich nicht auf das Merkmal der Unentgeltlichkeit, sondern auf das Überlassen der Wohnung. Ist dementsprechend eine Gegenleistung gleich welcher Art und Höhe förderungsschädlich, so kann die Unentgeltlichkeit der Wohnungsüberlassung nicht allein aus dem Fehlen synallagmatischer Vertragsbeziehungen, also eines Gegenseitigkeitsverhältnisses im zivilrechtlichen Sinne, hergeleitet werden. Generell hängt die steuerrechtliche Beurteilung eines Vorgangs nicht entscheidend von der Vertragsgestaltung ab und wird nicht allein durch zivilrechtliche Vorgaben bestimmt; maßgebend ist vielmehr das Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse. Dementsprechend muss der als Gegenleistung in Betracht kommende Vorteil im wirtschaftlichen (Veranlassungs-)Zusammenhang (gerade) mit der Wohnungsüberlassung stehen. Damit wollte der Gesetzgeber nur solche Maßnahmen als "unentgeltlich" erbracht begünstigen, zu denen die Angehörigen keinen - wie auch immer gearteten - finanziellen oder wirtschaftlichen Beitrag für die Wohnungsüberlassung leisten. Demnach kann auch bei Gewährung eines zinsverbilligten Darlehens durch einen Wohnungsnutzer an den Wohnungseigentümer in Höhe einer (möglichen) Zinsermäßigung jedenfalls dann eine - die Förderung nach § 4 Satz 2 EigZulG ausschließende - Gegenleistung vorliegen, wenn das Darlehen in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Wohnungsüberlassung steht.
Das FG wird zunächst feststellen müssen, ob überhaupt und in welchem Umfang die Kläger von den Eheleuten B eine Leistung in Gestaltung eines wirtschaftlichen Vorteils (Zinsermäßigung) erhalten haben. Eine solche Zinsermäßigung wird nur insoweit vorliegen, als die Eheleute B anderweitig für eine entsprechende Darlehenshingabe einen höheren Zins hätten erzielen können. Kommt eine solche Leistung in Betracht, ist des Weiteren festzustellen, ob im Streitfall ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen der zinsverbilligten Gewährung des Darlehens und der Wohnungsüberlassung gegeben ist.
Link zur Entscheidung
BFH vom 31.7.2001 – IX R 9/99