Prof. Dr. Bernd Heuermann
Leitsatz
Der unentgeltliche Erwerb von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft i.S.v. § 17 Abs. 1 S. 5 EStG 1999 umfasst auch die nach einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln dem unentgeltlichen Erwerber der Altaktien zugeteilten neuen Aktien.
Sachverhalt
S, der wesentlich an einer AG beteiligt war, schenkte seiner Mutter M Aktien. Die aus anschließenden Kapitalerhöhungen aus Gesellschaftsmitteln resultierenden Aktien brachte M in eine andere Kapitalgesellschaft ein. Der daraus erzielte Gewinn wurde besteuert. Im Einspruchsverfahren brachte M vor, es handle sich um neue Anteile, die nicht unter § 17 Abs. 1 Satz 5 EStG 1999 fielen, so dass sie nicht wesentlich beteiligt sei. Dem folgten Finanzamt, FG und BFH nicht.
Entscheidung
Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft wesentlich beteiligt war. Dies gilt gem. § 17 Abs. 1 S. 5 EStG 1999 entsprechend, wenn nicht der Veräußerer selbst, aber der Rechtsvorgänger innerhalb der letzten fünf Jahre wesentlich beteiligt war, und der Veräußerer den veräußerten Anteil innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Veräußerung unentgeltlich erworben hat.
§ 17 Abs. 1 S. 5 EStG 1999 verlangt mit dem unentgeltlichen Erwerb einen Rechtsträgerwechsel ohne Gegenleistung. Steuerverhaftet werden damit allein die unentgeltlich übertragenen Anteile. Erwirbt der Steuerpflichtige nach der unentgeltlichen Zuwendung andere Anteile unentgeltlich oder entgeltlich hinzu, so bleiben diese von der erweiterten Steuerverhaftung unberührt. Nacheinander erworbene Anteile bleiben jeweils selbstständig. Eine nicht wesentliche Beteiligung erstarkt nicht infolge des unentgeltlichen Erwerbs (insgesamt) zu einer qualifizierten.
Hat jemand unentgeltlich von einem wesentlich Beteiligten Anteile erworben und wird sodann das Kapital aus Gesellschaftsmitteln erhöht, so führt die Zuteilung junger Aktien nicht zu einem gegenüber dem unentgeltlichen Anteilserwerb selbstständigen Erwerbsvorgang. Der Anteilseigner war vor der Kapitalerhöhung Rechtsträger derselben Substanz, die nach der Kapitalerhöhung (auch) in den jungen Anteilen verkörpert wird (Substanzabspaltung).
Hinweis
Grundlage der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln ist eine Umbuchung von offenen Rücklagen in gezeichnetes Kapital, die nichts an der Höhe, sondern nur die Zusammensetzung des Eigenkapitals ändert. Diese handelsrechtlich wirksame Umwandlung wird von der Einkünftebesteuerung ausgenommen. Die Anschaffungskosten für die Altanteile entfallen dann auf die nun im Besitz befindlichen alten und neuen Anteile.
Link zur Entscheidung
BFH, 25.02.2009, IX R 26/08.