Leitsatz

  1. Unterhaltsaufwendungen sind nur dann zwangsläufig, wenn die unterhaltene Person außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. Grundsätzlich ist das volljährige Kind verpflichtet, seinen Vermögensstamm im Rahmen des Zumutbaren zu verwerten, bevor es seine Eltern auf Unterhalt in Anspruch nimmt.
  1. Ein schwerbehindertes Kind, das angesichts der Schwere und der Dauer seiner Erkrankung seinen Grundbedarf und behinderungsbedingten Mehrbedarf nicht selbst zu decken in der Lage ist, darf zur Altersvorsorge maßvoll Vermögen bilden (Anschluss an BFH, Urteil v. 30.10.2008, III R 97/06, BFH/NV 2009, 728).
  2. Die das eigene Vermögen des Unterhaltsempfängers betreffende Bestimmung des § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG kommt im Rahmen des § 33 EStG nicht eigens zur Anwendung.
  3. Im Fall der Übertragung des Behinderten-Pauschbetrags kann der Steuerpflichtige Aufwendungen für sein behindertes Kind gem. § 33 EStG zusätzlich abziehen.
 

Sachverhalt

Die 1975 geborene A leidet am Down-Syndrom. Sie ist schwerbehindert (Merkmal "H") und wurde bei den Eltern als Kind berücksichtigt. A ist Eigentümerin eines Mehrfamilienhauses, woraus sie einen Vermietungsverlust von 10.486 DM erzielte. Die Eltern machten Aufwendungen von 77.114 DM für die Unterbringung von A etc. als außergewöhnliche Belastung geltend. Das Finanzamt gewährte nur den Behinderten- und den Pflege-Pauschbetrag. Das FG wies die auf Abzug der Aufwendungen gerichtete Klage ab, da A über erhebliches Vermögen verfüge.

 

Entscheidung

Der BFH bejaht die Voraussetzungen für den Abzug außergewöhnlicher Belastungen, gibt aber dem FG auf, die Höhe der Aufwendungen festzustellen.

Die Vorschrift des § 33 Abs. 1, 2 EStG lässt den Abzug zwangsläufig entstandener Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen zu, wenn der Steuerpflichtige sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann. Die Aufwendungen der Eltern sind aus rechtlichen Gründen zwangsläufig. Sie hatten A angemessenen Unterhalt zu leisten. Dazu zählt auch der behinderungsbedingte Mehrbedarf.

Die Regelung des § 1602 BGB steht dem nicht entgegen. Unterhaltsaufwendungen sind zwar nur dann zwangsläufig, wenn die unterhaltene Person sich nicht selbst unterhalten kann. Aufgrund der zivilrechtlichen Rechtsprechung ist A trotz Volljährigkeit aber nicht verpflichtet, ihren Vermögensstamm für ihren Unterhalt einzusetzen, wenn die Verwertung unzumutbar ist. Insbesondere schwerbehinderte volljährige Kinder, die ihren angemessenen Bedarf nicht selbst decken können und bei denen ungewiss ist, ob ihr Bedarf im Alter durch Unterhalt der Eltern gedeckt werden kann, dürfen maßvoll Vermögen bilden.

Eine als Altersvorsorge dienende vermietete Eigentumswohnung muss deshalb nicht verwertet werden. Gleiches gilt für das hier streitige Mehrfamilienhaus, denn der Veräußerungserlös wäre bei Verwertung des Grundstücks schnell verbraucht.

 

Link zur Entscheidung

FH, 11.02.2010, VI R 61/08.BFH, Urteil vom 11.02.2010, VI R 61/08

Dieser Inhalt ist unter anderem im WohnungsWirtschafts Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?