Leitsatz
- Unterhaltsleistungen des Steuerpflichtigen für seinen bedürftigen ausländischen Lebenspartner können nach § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG als außergewöhnliche Belastung abziehbar sein, wenn der Partner bei Inanspruchnahme von Sozialhilfe damit rechnen müsste, keine Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten und ausgewiesen zu werden.
- Prozesskosten, die durch ein verwaltungsgerichtliches Verfahren zur Erlangung eines dauerhaften Aufenthaltsrechts des ausländischen Partners entstanden sind, sind nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar.
Sachverhalt
Der Steuerpflichtige A lebt seit 1992 in häuslicher Gemeinschaft mit seinem aus Brasilien stammenden Lebensgefährten B, der erfolglos einen Rechtsstreit um die Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung führte. Erst als beide nach In-Kraft-Treten des Lebenspartnerschaftsgesetzes im Jahr 2001 eine eingetragene Lebenspartnerschaft begründet hatten, wurde ihm eine Aufenthaltserlaubnis erteilt. Bei der Einkommensteuerveranlagung für das Streitjahr 1999 machte A die von ihm getragenen Kosten von ca. 4300 DM für das Verwaltungsgerichtsverfahren über das Aufenthaltsrecht des B als außergewöhnliche Belastung geltend. Außerdem beantragte er den Abzug seiner Unterhaltsleistungen an B von 13020 DM mit der Begründung, er habe sich gegenüber der Ausländerbehörde verpflichtet, für dessen Lebensunterhalt aufzukommen. Andernfalls hätte B, da er seinen Lebensunterhalt nicht selbst habe bestreiten können, wegen der Inanspruchnahme von Sozialhilfe keine Aufenthaltsgenehmigung erhalten. Das Finanzamt lehnte das Begehren des A in beiden Punkten ab.
Entscheidung
Der BFH bestätigte das Finanzamt hinsichtlich der Nichtabziehbarkeit der Prozesskosten. Kosten im Zusammenhang mit einem Rechtsstreit sind ausnahmsweise dann zwangsläufig, wenn der Steuerpflichtige, ohne sich auf den Prozess einzulassen, Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren oder seine lebensnotwendigen Bedürfnisse nicht mehr befriedigen zu können. Das ist bei einem Prozess um das Aufenthaltsrecht eines Lebensgefährten nicht der Fall. Diese Kosten gehören zur frei gestaltbaren Lebensführung.
Großzügiger ist der BFH hinsichtlich der Unterhaltsleistungen. Nach bisheriger Rechtsprechung sind freiwillige Unterhaltsleistungen des Steuerpflichtigen, aufgrund derer wegen des Grundsatzes des Nachrangs der Sozialhilfe der Sozialhilfeanspruch des Unterstützten wegfällt oder gekürzt wird, nur dann nach § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG abziehbar, wenn gesetzlich vermutet wird, dass der Unterhalt durch eine andere Person sichergestellt ist, z.B. bei nichtehelicher Lebensgemeinschaft oder Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten oder Verschwägerten. Bei einer gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft besteht diese gesetzliche Unterhaltsvermutung erst seit 2005. Für das Streitjahr 1999 galt sie noch nicht. Gleichwohl anerkennt der BFH auch bei gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaft eine vergleichbare Zwangslage. Denn in einem solchen Fall hat der Unterhalt leistende Lebenspartner nur dann eine Chance, die Lebensgemeinschaft fortzuführen, wenn er die entsprechende Unterstützung leistet.
Praxishinweis
Das BSHG wurde ab 2005 durch das SGB XII ersetzt. Nach § 36 SGB XII wird nicht nur bei eheähnlicher Lebensgemeinschaft oder in Haushaltsgemeinschaft lebenden Verwandten oder Verschwägerten, sondern allgemein bei Zusammenleben in einer Wohnung, also auch bei einer gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft, vermutet, dass eine Haushaltsgemeinschaft besteht und eine Sozialhilfe beanspruchende Person von der anderen Person Leistungen zum Lebensunterhalt erhält, soweit dies nach ihrem Einkommen und Vermögen erwartet werden kann. Die Sozialhilfe wird nur dann nicht gekürzt, wenn tatsächlich nicht gemeinsam gewirtschaftet oder keine Unterstützung geleistet wird. Bei gemeinsamem Wohnen sind ab 2005 daher grundsätzlich die Voraussetzungen für den Abzug von Unterhaltsleistungen nach § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG gegeben. Der BFH verwies die Sache an das FG zurück, um festzustellen, ob B über Einkünfte verfügte, die über der Grenze des § 33a Abs. 1 Satz 4 EStG lagen.
Link zur Entscheidung
BFH-Urteil vom 20.4.2006, III R 23/05