Leitsatz
Unterhaltsleistungen, die eine im Ausland wohnende Person an ihren in Deutschland lebenden geschiedenen oder getrennt lebenden Ehegatten erbringt, sind beim Empfänger nicht steuerbar.
Sachverhalt
Die im Inland wohnende Steuerpflichtige lebt von ihrem in Monaco ansässigen Ehemann dauernd getrennt. In einem notariell beurkundeten Vertrag verpflichtete sich der Ehemann, der Steuerpflichtigen auf deren Lebenszeit monatliche Unterhaltsbeträge zu zahlen. In der selben Urkunde verpflichtete sich die Steuerpflichtige, dem Ehemann auf dessen Lebenszeit die unentgeltliche Nutzung eines beiden Ehegatten je zur Hälfte gehörenden Wohngrundstücks in Monaco zu gestatten. Das Finanzamt besteuerte die der Steuerpflichtigen gezahlten Unterhaltsbeträge als wiederkehrende Bezüge nach § 22 Nr. 1 S.1, 2 EStG. Die dagegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg. Die Revision führte zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.
Entscheidung
Der Senat kann aufgrund der vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen nicht abschließend entscheiden, ob es sich bei den streitigen Zahlungen tatsächlich um Unterhaltsleistungen gehandelt hat. Nach dem Inhalt der zwischen den Ehegatten geschlossenen Vereinbarung kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Zahlungen – entgegen ihrer Bezeichnung als "Unterhalt" – eine Gegenleistung des Ehemanns für die ihm von der Steuerpflichtigen gewährte Nutzungsüberlassung des hälftigen Anteils an dem Wohngrundstück in Monaco und damit steuerpflichtige Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung darstellen.
Sollte es sich allerdings um Unterhaltszahlungen handeln, braucht die Steuerpflichtige diese nicht zu versteuern. Dies ergibt sich aus § 22 Nr. 1a EStG, der die Besteuerung von Unterhaltsleistungen zwischen geschiedenen oder getrennt lebenden Ehegatten als Spezialnorm abschließend regelt und den Rückgriff auf den hier von Finanzamt und -gericht herangezogenen allgemeineren Tatbestand des § 22 Nr. 1 EStG auch dann verwehrt, wenn im konkreten Fall – aus welchen Gründen auch immer – die Anwendung des § 22 Nr. 1a EStG daran scheitert, dass der Geber die Zahlungen nicht als Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG abziehen kann.
Praxishinweis
Sollten im Streitfall keine Mietentgelte, sondern Unterhaltsleistungen vorliegen, so sind die Zahlungen von der Ehefrau nicht zu versteuern. § 22 Nr. 1a EStG bietet hierfür keine Handhabe, weil dieser voraussetzt, dass die Zahlungen vom Geber nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG als Sonderausgaben abgezogen werden können. Ein solcher Abzug kommt aber im Streitfall nicht in Betracht, weil der Ehemann beschränkt steuerpflichtig ist.
Diese Rechtslage haben auch Finanzamt und -gericht nicht verkannt. Sie meinten aber, die Besteuerung der Unterhaltsleistungen auf § 22 Nr. 1 EStG stützen zu können. Dem hat der BFH jedoch zu Recht mit dem Argument widersprochen, dass § 22 Nr. 1a EStG als lex specialis eine Sperrwirkung entfaltet. Dies gilt im Übrigen – was, soweit ersichtlich, unstreitig ist – auch dann, wenn die Anwendung des § 22 Nr. 1a EStG ganz oder teilweise daran scheitert, dass der Unterhaltsempfänger die Zustimmung zum Realsplitting (erfolgreich) verweigert oder weil die jährlichen Unterhaltszahlungen den in § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG genannten Höchstbetrag überschreiten.
Link zur Entscheidung
BFH-Urteil vom 31.3.2004, X R 18/03