Prof. Dr. Stefan Schneider
Leitsatz
- Ein eigengenutztes Wohnhaus ist ebenso wie ein Angehörigen überlassenes Wohnhaus als Vermögen des Unterhaltsempfängers mit dem Verkehrswert zu berücksichtigen (entgegen R 33a.1 EStR).
- Der Wert des Vermögens einer unterhaltenen Person ist i.d.R. bis zu einem Wert von 15.500 EUR gering; diese Wertgrenze ist bei Zahlungen ins Ausland entsprechend der sog. Ländergruppeneinteilung an die Verhältnisse des Wohnsitzstaats der unterhaltenen Person anzupassen.
- Leben mehrere Unterhaltsempfänger zusammen, ist eine Aufteilung einheitlicher Unterhaltszahlungen nur möglich, wenn diese gewissermaßen "aus einem Topf" wirtschaften.
Sachverhalt
Die Eheleute M und F zahlten 7.350 EUR an die in der Türkei lebenden Eltern von F und begehrten deren Abzug nach § 33a Abs. 1 EStG.
Nach einer Bescheinigung der türkischen Behörden waren die Eltern nicht berufstätig, ohne Einkünfte und ohne Vermögen.
Vor dem FG wurde eingeräumt, dass der Vater eine monatliche Rente von 220 EUR bezieht und Eigentümer zweier Häusern mit je 45 qm Wohnfläche ist.
In einen Haus wohnen die Eltern selbst, im anderen unentgeltlich Familieangehörige.
Das Finanzamt ließ die Zahlungen unberücksichtigt. Die Klage war teilweise erfolgreich. Der BFH hob die Vorentscheidung auf und verwies die Sache zurück.
Entscheidung
Ausgangspunkt ist die geänderte Rechtsprechung des VI. Senats, wonach sich das Tatbestandsmerkmal "gesetzlich unterhaltsberechtigte Person" i.S.d. § 33a Abs. 1 EStG nach den zivilrechtlichen Voraussetzungen eines Unterhaltsanspruchs, nämlich Anspruchsgrundlage, Bedürftigkeit und Leistungsfähigkeit richtet.
Allein der Umstand, dass Leistungen an potenziell unterhaltsberechtigte Personen erbracht werden, genügt noch nicht für den Abzug nach § 33a Abs. 1 EStG. Entscheidend ist u.a. die Bedürftigkeit. Die war angesichts der beiden Häuser zweifelhaft, da § 33a Abs. 1 S. 3 EStG voraussetzt, dass die unterhaltene Person kein oder nur ein geringes Vermögen besitzt. Ausschlaggebend hierfür ist der gemeine Wert des Vermögens. Bis zu 15.500 EUR, ggf. korrigiert nach den Verhältnissen des Wohnsitzstaats, gelten noch als gering.
Unter erhöhten Mitwirkungspflichten von M und F sind die Verkehrswerte der Häuser zu ermitteln, zumal der Unterhaltsempfänger mit der unentgeltlichen Überlassung des einen Hauses seine Bedürftigkeit selbst herbeigeführt hat.
Verfügt nur der Vater über relevantes Vermögen, ist seine vorrangige Unterhaltsverpflichtung gegenüber seiner Frau zu beachten.
Weil das FG die Zahlungen zu 2/3 den Eltern von F und zu 1/3 deren Bruder zugeordnet hatte, verwies der BFH auf die Notwendigkeit der Prüfung, ob der Bruder mit seinen Eltern tatsächlich eine Haushaltsgemeinschaft gebildet hatte. Auf Grundlage der bisherigen Feststellungen bezweifelte dies der BFH.
Link zur Entscheidung
BFH, 30.06.2010, VI R 35/09.