Leitsatz (amtlich)

Wird eine Eigentumswohnung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übertragen, sind im Zusammenhang damit vereinbarte Unterhaltszahlungen, die wiederkehrend auf Lebenszeit des Übergebers zu leisten sind, nicht als Sonderausgaben (Rente oder dauernde Last) abziehbar, wenn der Erwerber die Wohnung zu eigenen Wohnzwecken nutzt.

 

Sachverhalt

Die Eltern des Klägers übertrugen diesem mit Vertrag vom 14.11.1994 im Wege der vorweggenommenen Erbfolge u.a. eine 50 qm große Eigentumswohnung, die der Kläger selbst nutzte. Für die Übertragung der Wohnung verpflichtete sich der Kläger, an seine Eltern als Gesamtberechtigte auf deren Lebenszeit "Versorgungsleistungen von 1 010 DM monatlich zu gewähren. Bei der Ermittlung dieses Betrages (Kapitalwert 135 707 DM) sind die Beteiligten mit Rücksicht auf den Bauzustand und die geringe Wohnfläche von 50 qm von einem Verkehrswert von 120 000 DM ausgegangen". In seiner ESt-Erklärung für das Streitjahr 1995 machte der Kläger die Zahlungen an die Eltern (12 120 DM) als dauernde Last geltend. Zusätzlich begehrte er einen Abzugsbetrag nach § 10e EStG für die zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung von 7 379 DM. Das FA meinte, der Kläger habe die Eigentumswohnung entgeltlich erworben, ließ deshalb die geltend gemachte "dauernde Last" unberücksichtigt und gewährte lediglich den Abzugsbetrag nach § 10e EStG in der beantragten Höhe. Klage[1] und Revision des Klägers blieben erfolglos.

 

Entscheidungsgründe

Die Zahlungen des Klägers sind nicht als "dauernde Last" nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG abziehbar. Wird eine Eigentumswohnung durch vorweggenommene Erbfolge übertragen, sind im Zusammenhang hiermit vereinbarte Unterhaltszahlungen, die wiederkehrend auf die Lebenszeit des Übergebers zu leisten sind, nicht als Rente oder dauernde Last abziehbar, wenn der Erwerber die Wohnung zu eigenen Wohnzwecken nutzt. Zu Recht hat das Finanzamt den Barwert der Leistungen als Anschaffungskosten nach § 10e EStG berücksichtigt.

Wird Vermögen durch vorweggenommene Erbfolge von Eltern auf Kinder übertragen und verpflichtet sich der Übernehmer im Zusammenhang hiermit zu wiederkehrenden Leistungen an den/ die Übergeber, stellen diese weder Veräußerungsentgelt noch Anschaffungskosten dar, sondern sind spezialgesetzlich den wiederkehrenden Bezügen[2] und den Sonderausgaben[3] zugeordnet[4]. Voraussetzung für die Anwendung der Grundsätze über die steuerrechtlich privilegierte private Versorgungsrente ist, dass eine ertragbringende existenzsichernde Wirtschaftseinheit vom Übergeber zur Weiterführung durch den Übernehmer überlassen wird[5]. Die steuerrechtliche Zuordnung von Versorgungsleistungen aufgrund eines Vermögensübergabevertrages (private Versorgungsrente) zu den wiederkehrenden Bezügen und den Sonderausgaben beruht auf der Vorstellung des Gesetzgebers, dass sich der Vermögensübergeber in Gestalt der Versorgungsleistungen typischerweise Erträge vorbehält, die nunmehr allerdings vom Übernehmer erwirtschaftet werden müssen[6]. Das den Anwendungsbereich des § 10 Abs. 1 Nr. 1aEStG abgrenzende steuerrechtliche Tatbestandsmerkmal der "Vermögensübergabe" umschreibt einen Vertragstypus, der sich grundsätzlich an dem zivilrechtlichen Typus der Hof- und Betriebsübergabe orientiert. Für diesen ist charakteristisch, dass infolge der Übertragung von existenzsicherndem Vermögen zur Weiterführung durch die nachfolgende Generation die Lebensverhältnisse von Übergeber und Übernehmer in besonderer Weise miteinander verknüpft sind[7]. Ob wiederkehrende Leistungen auf einer steuerrechtlich privilegierten Vermögensübergabe beruhen oder den kauf- und darlehensähnlichen Geschäften zuzuordnen sind, bedarf eines wertenden Vergleichs am Typus des Hof- und Betriebsübergabevertrages[8].

Kommt hiernach eine Zuordnung zum Rechtsinstitut der "Vermögensübergabe" nicht in Betracht, gelten § 12 EStG und die allgemeinen Grundsätze des ESt-Rechts uneingeschränkt[9]. Eine Beurteilung der Übertragung der Eigentumswohnung als "Vermögensübergabe" in diesem Sinne scheidet jedenfalls aus, wenn der Übernehmer deswegen keine Erträge erzielt, weil er die übertragene Eigentumswohnung selbst zu eigenen Wohnzwecken nutzt. Vom 1.1.1987 an bleibt der Nutzungswert von Wohnungen, die der Eigentümer zu eigenen Wohnzwecken nutzt, bei der Besteuerung außer Ansatz. Diese grundlegende Entscheidung des Gesetzgebers, den Nutzungswert der zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung einkommensteuerlich nicht (mehr) zu berücksichtigen, ist auch im Rahmen des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG zu beachten.

Ein Anspruch des Klägers auf den Sonderausgabenabzug ergibt sich auch nicht aus dem BMF-Schreiben vom 23.12.1996[10], wonach zu den "Erträgen des übergebenen Vermögens auch der Nutzungswert der vom Übernehmer eigengenutzten Wohnung gehört". Denn an norminterpretierende Verwaltungsanweisungen, welche die gleichmäßige Auslegung und Anwendung des Rechts sichern wollen, sind die Steuergerichte nicht gebunden. Zwar können allgemeine Verwaltungsanweisungen für Bereiche, in denen...

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