Leitsatz
Unterlassungsansprüche aus dem Miteigentum sind nicht gemeinschaftsbezogen. Die Wohnungseigentümer können diese Ansprüche aber vergemeinschaften.
Normenkette
WEG § 15 Abs. 3; BGB § 1004 Abs. 1
Das Problem
Wohnungseigentümer K verlangt im Wege der Leistungsklage von Wohnungseigentümer B, sich wegen des Ausbaus eines Dachbodens nicht zu berühmen, gegen K einen Anspruch auf Unterlassung einer Störung zu haben. Das Landgericht (LG) meint, K sei nicht zu einer Klage befugt. Dagegen wendet sich K im Wege der Nichtzulassungsbeschwerde.
Die Entscheidung
Die Beschwerde ist nach Ansicht des Bundesgerichtshofs (BGH) unbegründet.
- Allerdings stehe die Annahme des LG, die Klageanträge seien gegen den falschen Beklagten gerichtet, mit der BGH-Rechtsprechung nicht in Einklang. Bei einem Streit zwischen 2 Wohnungseigentümern zu der Frage, ob dem einen gegen den anderen ein Unterlassungsanspruch gemäß § 1004 Abs. 1 BGB bzw. § 15 Abs. 3 WEG zustehe oder nicht, handele es sich nicht von vorneherein um eine Angelegenheit der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Denn für Unterlassungsansprüche aus dem Miteigentum bestehe keine geborene Ausübungsbefugnis der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, sondern nur eine gekorene Ausübungsbefugnis, d.h., die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer könne die Geltendmachung der entsprechenden Individualansprüche der übrigen Wohnungseigentümer gemäß § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 2 WEG durch Beschluss "an sich ziehen". Ohne einen solchen Vergemeinschaftungsbeschluss verbleibe es bei der Prozessführungsbefugnis der Wohnungseigentümer. Die Klage sei deshalb gegen den störenden Wohnungseigentümer zu richten bzw. im (wie hier) umgekehrten Fall, dass sich ein Wohnungseigentümer gegen die mögliche Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen eines anderen Sondereigentümers wehren möchte, gegen den sich eines Unterlassungsanspruchs berühmenden Wohnungseigentümers.
- Dies rechtfertige aber nicht die Zulassung der Revision. Denn das LG habe die Abweisung der Klage vorrangig – und selbstständig tragend – damit begründet, dem Anspruch des K stehe entgegen, dass es keinen allgemeinen Duldungsanspruch gebe, wonach Dritte Abwehrmaßnahmen gegen die Ausübung zulässiger Eigentümerbefugnisse zu unterlassen hätten. Diese Begründung werde mit der Nichtzulassungsbeschwerde dahingehend angegriffen, das LG habe grundlegend und unter Abweichung von der Rechtsprechung des BGH verkannt, dass Prozesshandlungen auszulegen seien. Das LG hätte nach der recht verstandenen Interessenlage K's Leistungsantrag als Klage auf Feststellung auslegen müssen, zum Ausbau des Dachbodens berechtigt zu sein.
- Ob sich aus diesen Ausführungen ein Zulassungsgrund ergebe, bedürfe keiner Entscheidung, da jedenfalls die Entscheidungserheblichkeit nicht dargelegt sei. Denn B habe in der Erwiderung auf den Vortrag des K in der Klageschrift verwiesen, wonach er – B – rechtskräftig mit dem Versuch gescheitert sei, K den Ausbau des Dachbodens zu untersagen und feststellen zu lassen, dass dieser den Dachboden nur als Abstellraum gebrauchen dürfe. K habe insoweit mit der Klageschrift ein AG-Urteil und ein LG-Urteil vorgelegt. Sei aber eine auf Unterlassung des Ausbaus gerichtete Klage des B rechtskräftig abgewiesen worden, stehe – als kontradiktorisches Gegenteil – fest, dass K zu einem Ausbau berechtigt sei und eine hierauf gerichtete Feststellungsklage gemäß § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO unzulässig wäre (Hinweis auf BGH, Urteil v. 29.6.2012, V ZR 97/11, NJW-RR 2012 S. 1027 Rn. 7). Dies stehe einer Auslegung des gestellten Leistungsantrags als Feststellungsantrag entgegen. Entsprechendes gelte im Hinblick darauf, dass B im Vorprozess auch die Unterlassung des Gebrauchs des Dachbodens zu Wohnzwecken verlangt habe, für den weiteren Klageantrag.
Kommentar
Ein Wohnungseigentümer ist zum Ausbau des Dachbodens berechtigt, wenn dies vereinbart oder beschlossen ist. Besteht Streit, kann man über die Berechtigung klagen. Dies hatte B getan – und verloren. Seine Unterlassungsklage war in 2 Instanzen gescheitert. Warum danach noch K gegen B klagen musste, erschließt sich nicht. Insoweit ist der BGH-Hinweis natürlich richtig, dass nach der gescheiterten Klage des B bereits feststand, dass K zu einem Ausbau berechtigt ist.
Was ist für den Verwalter wichtig?
Streiten 2 Wohnungseigentümer um das Recht eines Wohnungseigentümers, etwas im Bereich des gemeinschaftlichen Eigentums tun zu dürfen, sollte der Verwalter keine Stellung in dieser rechtlichen Frage beziehen. Der Ausbau eines Dachgeschosses ist sehr komplex, da er eine Vielzahl von Fragen berührt. Häufig muss umfassend in die Substanz des gemeinschaftlichen Eigentums eingegriffen werden, etwa durch den Einbau eines Dachfensters, von Gauben, durch Errichtung einer Dachterrasse oder eines Balkons. Ferner muss die neue "Einheit" (= das neue Wohnungseigentum) in der Regel an die in der Wohnungseigentumsanlage vorhandenen "Medien" jeglicher Art angeschlossen werden, etwa Gas, Internet, Strom, Telefon und Wasser. Weiter...