Dipl.-Finanzwirt Arthur Röck
Leitsatz
Dient eine vom Unternehmer begebene Inhaberschuldverschreibung dazu, seine umsatzsteuerpflichtige Unternehmenstätigkeit zu finanzieren, ist der Unternehmer aus den bei der Ausgabe der Inhaberschuldverschreibung entstehenden Kosten zum Vorsteuerabzug berechtigt.
Sachverhalt
Im Urteilsfall begab eine AG mit umsatzsteuerpflichtigen Umsätze als Anleiheschuldnerin Inhaber-Teilschuldverschreibungen. Das Finanzamt lehnte den Vorsteuerabzug aus den insoweit entstandenen Kosten ab, da sie im Zusammenhang mit einer nach § 4 Nr. 8 UStG steuerfreien Begebung der Schuldverschreibungen stünden.
Nach Auffassung des BFH ist die AG aus den zur Begebung der Schuldverschreibungen angefallenen Kosten dem Grunde nach zum Vorsteuerabzug berechtigt, da diese Kosten in die steuerpflichtigen Ausgangsumsätze der AG (indirekt) einfließen. Auch erbringt die AG mit der Begebung der Schuldverschreibungen keine steuerbare (und damit steuerfreie) Leistungen. Besteht kein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen einem bestimmten Eingangsumsatz und einem oder mehreren Ausgangsumsätzen, ist der Unternehmer zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn die fraglichen Kosten als allgemeine Aufwendungen Bestandteile des Preises seiner Ausgangsleistungen sind. Derartige Kosten hängen dann direkt und unmittelbar mit der wirtschaftlichen Gesamttätigkeit des Steuerpflichtigen zusammen.
Zu unterscheiden ist zwischen der erstmaligen Begebung von Wertpapieren und der danach folgende Übertragung bereits bestehender Wertpapiere. Bei der Aktienveräußerung durch einen Unternehmer kann ein steuerfreier Umsatz vorliegen (Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 der Richtlinie 77/388/EWG, vgl. EuGH-Urteil v. 29.10.2009 C-29/08, SKF Leitsatz 2). Gibt dagegen eine Gesellschaft – wie im Urteilsfall – neue Aktien oder Schuldverschreibungen aus, erwirbt sie nur Kapital und will keine Dienstleistung erbringen. Sie beabsichtigt ggf. das durch die Schuldverschreibungen erhaltene Kapital für ihre umsatzsteuerpflichtige Umsatztätigkeit zu verwenden.
Trotz grundsätzlicher Anerkennung des Vorsteuerabzugs muss das FG noch untersuchen, ob die Vorsteuer aus der Leistung der eingeschalteten Bank "gesetzlich geschuldet wurde" oder steuerfrei war.
Hinweis
Durch das BFH-Urteil wird endlich der Vorsteuerabzug aus "Kapitalbeschaffungen" grundsätzlich zulässig. Insoweit sollte aber bei Kapitalbeschaffungsmaßnahmen vorsorglich explizit dokumentiert werden, dass die Mittel letztlich der Ausführung der Ausgangsumsätze dienen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil v. 6.5.2010, V R 29/09.