Ein guter Nachbar

Die testamentarische Anordnung "wer mir in den letzten Stunden beisteht, übergebe ich Alles"", ist nicht hinreichend bestimmt und enthält keine wirksame Bestimmung eines Erben durch den Erblasser. So befand das OLG Köln in einem Fall, in dem die Erblasserin verschiedene Verfügungen von Todes wegen hinterlassen hatte. Nachdem sie zunächst eine Nichte und deren Mann als Erben eingesetzt hatte, verfasste sie eine "Patienten-Verfügung". Darin heißt es nach der Überschrift "Mein letzter Wille" u. a.:

Zitat

...

  4. Mein Erbe nicht an meine Nichte od. Neffen zu übertragen, die sich nie um mich kümmerten.
  5. Wer mir in den letzten Stunden beisteht, übergebe ich "Alles".

Nach Eintritt des Erbfalls beantragte ein Nachbar der Erblasserin, ihm einen Erbschein zu erteilen, der ihn als Alleinerben nach der Erblasserin ausweist. Die Formulierungen der Erblasserin seien hinreichend bestimmt, weil auf ein Beistehen "in den letzten Stunden", d. h. "im Tode" abgestellt werde. Dadurch sei auch die Person objektiv eindeutig bestimmbar, die die von der Erblasserin gesetzten Bedingungen erfüllt habe. Dies sei er, der Nachbar, gewesen, der die Erblasserin im Krankenhaus aufgesucht und ihr in den letzten 2,5 Stunden ihres Lebens beigestanden habe, indem er ihre Hand gehalten, ihr etwas erzählt und ihre Wange gestreichelt habe.

Erbschein nicht erteilt

Doch die rührende Geschichte half dem Antragsteller nicht. Nach Ansicht des OLG Köln hat das Nachlassgericht den Erbscheinsantrag zu Recht zurückgewiesen. Denn aus dem Schreiben der Erblasserin ergibt sich keine wirksame Erbeinsetzung des Nachbarn nach § 1937 BGB. Die Formulierung "wer mir in den letzten Stunden beisteht, übergebe ich Alles" ist nicht hinreichend bestimmt und enthält keine eindeutige Bestimmung eines Erben durch die Erblasserin.

Bestimmung des Erben

Denn wie sich aus § 2065 BGB ergibt, muss sich die Erblasserin selbst über den Inhalt aller wesentlichen Teile ihres letzten Willens schlüssig werden. Dazu gehört insbesondere die Bestimmung über die Person des Bedachten. Diese muss zwar nicht namentlich genannt sein; erforderlich ist aber, dass die Person des Bedachten anhand des Inhalts der Verfügung, gegebenenfalls unter Berücksichtigung von außerhalb der Urkunde liegenden Umständen zuverlässig festgestellt werden kann.

Unklare Verfügung

Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Denn es wäre zur Entscheidung der Frage, ob der Antragsteller die von der Erblasserin aufgestellten Kriterien "Beistehen in den letzten Stunden" erfüllt hat oder nicht, in jedem Fall eine Wertung durch das Gericht erforderlich. Dieses müsste letztendlich die Bestimmung des Erben anhand eigener Kriterien vornehmen.

(OLG Köln, Beschluss v. 9.7.2014, 2 Wx 188/14, ZErb 2014 S. 287)

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