Leitsatz

Bei der Pfändung künftiger Forderungen entsteht das Pfändungspfandrecht nicht bereits mit der Zustellung der Pfändungsverfügung an den Drittschuldner, sondern erst mit der (späteren) Entstehung der Forderung. Das Pfändungspfandrecht als Sicherung i.S. des §88 InsO ist daher erst dann erlangt, wenn die Forderung entsteht. Liegt dieser Zeitpunkt im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, ist die Sicherung nicht insolvenzfest; sie wird mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ipso iure unwirksam.

 

Sachverhalt

Das Finanzamt hatte wegen Steuerrückständen einer GmbH alle dieser gegenwärtig und zukünftig zustehenden Forderungen gegen eine Drittschuldnerin gepfändet und sich alle Beträge zur Einziehung überwiesen. Diese Verfügung wurde der Drittschuldnerin im November 1998 zugestellt. Nachdem die Drittschuldnerin die betroffenen Beträge am 15.12.1998 bzw. am 7.1.1999 dem Konto der GmbH gutgeschrieben hatte, beantragte die GmbH am 14.1.1999 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Der Insolvenzverwalter beantragte beim Finanzamt die Aufhebung der Pfändungs- und Einziehungsverfügung sowie die Freigabe des Bankguthabens zur Masse. Er meinte, das Pfändungspfandrecht des Finanzamts sei unwirksam. Denn eine Sicherung, die ein Insolvenzgläubiger im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens an dem zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögen des Schuldners erlangt hat, sei mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens unwirksam.

 

Entscheidung

Das vom Finanzamt erworbene Pfändungspfandrecht an den Forderungen der GmbH gegen die Drittschuldnerin war auf Grund der sog. Rückschlagsperre des §88 InsO nicht insolvenzfest. Denn es betraf Forderungen, die einen Monat vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht entstanden waren. Das Pfändungspfandrecht entstand mithin erst nach Beginn der in §88 InsO bezeichneten Frist. Erst damit war die Sicherung erworben. Sie wurde folglich mit Verfahrenseröffnung unwirksam.

 

Praxishinweis

Nach §88 InsO wird eine Sicherung, die ein Insolvenzgläubiger im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag durch Zwangsvollstreckung an dem zur (späteren) Insolvenzmasse gehörenden Vermögen des Schuldners erlangt hat, mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ohne besondere Anfechtung unwirksam. Die Pfändung einer Forderung ist bewirkt, wenn die Pfändungsverfügung dem Drittschuldner zugestellt ist. Damit entsteht im Allgemeinen auch das Pfandrecht. Anders bei künftigen Forderungen, bei denen die Pfändung zwar zulässig ist und den Schuldner an einer anderweitigen Verfügung über sie hindert, die Pfändung aber im Übrigen zunächst ins Leere geht. Ein Pfändungspfandrecht an einer nicht existenten (künftigen) Forderung gibt es nicht.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 12.4.2005, VIIR7/03

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