Risiko einer Aussetzung der Anteilsrücknahme

Nach Beratung durch die beklagte Bank kauften die Kläger jeweils Anteile an einem offenen Immobilienfonds. Beim Beratungsgespräch wurden sie nicht auf das Risiko einer Aussetzung der Anteilsrücknahme hingewiesen. Tatsächlich trat dieses Risiko ein. Die Fondsgesellschaft setzte im Oktober 2008 die Rücknahme der Anteile gemäß § 81 Investmentgesetz (InvG) a. F. (nunmehr § 257 Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB)) aus.

Die Kläger beanspruchten daraufhin im Wege des Schadensersatzes das investierte Kapital unter Abzug eines erzielten Veräußerungserlöses (BGH, XI ZR 477/12) bzw. erhaltener Ausschüttungen (BGH, XI ZR 130/13) zurück.

Der Bundesgerichtshof (BGH) bejahte eine Verletzung der Aufklärungspflicht:

Verletzung der Aufklärungspflicht

Eine Bank, die den Erwerb von Anteilen an einem offenen Immobilienfonds empfiehlt, muss den Anleger ungefragt über das Bestehen der Möglichkeit einer Aussetzung der Anteilsrücknahme durch die Fondsgesellschaft aufklären. Kennzeichnend für regulierte Immobilien-Sondervermögen ist, dass die Anleger gemäß § 37 InvG a. F. (nunmehr § 187 KAGB) ihre Fondsanteile grundsätzlich jederzeit liquidieren, d. h. zu einem im Gesetz geregelten Rücknahmepreis an die Kapitalanlagegesellschaft zurückgeben können.

Die in § 81 InvG a. F. geregelte Möglichkeit, die Anteilsrücknahme auszusetzen, stellt dementsprechend ein während der gesamten Investitionsphase bestehendes Liquiditätsrisiko dar, über das der Anleger informiert sein muss, bevor er seine Anlageentscheidung trifft. Ob eine Aussetzung der Anteilsrücknahme zum Zeitpunkt der Beratung vorhersehbar oder fernliegend ist, spielt für die Aufklärungspflicht der Bank keine Rolle.

Schadensersatzanspruch

Anleger können ihre Anteile an einem offenen Immobilienfonds zwar auch während einer Aussetzung der Anteilsrücknahme weiterhin an der Börse veräußern. Dies stellt angesichts der dort möglichen Beeinflussung des Preises durch spekulative Elemente aber kein Äquivalent zu der Möglichkeit dar, die Anteile zu einem gesetzlich geregelten Rücknahmepreis an die Fondsgesellschaft zurückzugeben. Da die Aussetzung somit dem Liquiditätsinteresse der Anleger entgegensteht, ist hierüber vor der Anlageentscheidung aufzuklären. Somit kann ein Schadensersatzanspruch gerechtfertigt sein.

(BGH, Urteil v. 29.4.2014, XI ZR 477/12)

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