Leitsatz
Schließen sich Krankenkassen zu einer Genossenschaft zusammen, die an ihre Mitglieder entgeltliche Leistungen erbringt, sind diese Leistungen nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. f der 6. EG-RL nur steuerfrei, wenn es hierdurch nicht zu Wettbewerbsverzerrungen kommt.
Konsequenzen für die Praxis
Steuerfrei sind nach § 4 Nr. 15 UStG nur die Umsätze der bezeichneten Einrichtungen. Gesetzliche Träger der Sozialversicherung i.S.v. § 4 Nr. 15 UStG sind die nach § 29 Abs. 1 SGB IV rechtsfähigen Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung. Auf andere Unternehmer ist die Vorschrift nicht anwendbar. Dies gilt auch für Arbeitsgemeinschaften nach § 219 SGB V.
Nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. f der 6. EG-RL sind von der Steuer befreit "die Dienstleistungen, die die selbstständigen Zusammenschlüsse von Personen, die eine Tätigkeit ausüben, die von der Steuer befreit ist, oder für die sie nicht Steuerpflichtige sind, an ihre Mitglieder für unmittelbare Zwecke der Ausübung dieser Tätigkeit erbringen, soweit diese Zusammenschlüsse von ihren Mitgliedern lediglich die genaue Erstattung des jeweiligen Anteils an den gemeinsamen Kosten fordern, vorausgesetzt, dass die Befreiung nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führt". Die Steuerbefreiung soll nach EuGH vermeiden, "dass jemand, der bestimmte Dienstleistungen anbietet, Mehrwertsteuer entrichten muss, wenn er genötigt ist, mit anderen Berufsausübenden im Rahmen einer gemeinsamen Struktur zusammenzuarbeiten, die Tätigkeiten übernimmt, die zur Erbringung dieser Dienstleistungen erforderlich sind".
Zur Prüfung des Wettbewerbsvorbehalts war im Besprechungsfall § 80 Abs. 5 SGB X zu beachten. Danach ist die Verarbeitung oder Nutzung von Sozialdaten im Auftrag durch nicht-öffentliche Stellen – abgesehen von Störungen im Betriebsablauf des Auftraggebers – (nur) zulässig, wenn die übertragenen Arbeiten beim Auftragnehmer erheblich kostengünstiger besorgt werden können und der Auftrag nicht die Speicherung des gesamten Datenbestands des Auftraggebers umfasst. Der überwiegende Teil der Speicherung des gesamten Datenbestands muss beim Auftraggeber oder beim Auftragnehmer, der eine öffentliche Stelle ist, und die Daten zur weiteren Datenverarbeitung im Auftrag an nicht-öffentliche Auftragnehmer weitergibt, verbleiben.
Zur Prüfung des Wettbewerbsvorbehalts war daher zunächst entscheidend der Inhalt des Auftrags insbesondere auch hinsichtlich der Speicherung der Daten. Hielt sich der Auftrag im Rahmen der nach § 80 Abs. 5 SGB X zulässigen Übertragung, hätte die Leistung auch unter Beachtung von § 80 Abs. 5 SGB X von privaten Anbietern bezogen werden können und wäre eine – allein maßgebliche – "reale" Gefahr einer Wettbewerbsverzerrung nicht auszuschließen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil v. 23.4.2009, V R 5/07, BFH/NV 2009 S. 1723