Dipl.-Finanzwirt Arthur Röck
Leitsatz
Die nichtsteuerbare Geschäftsveräußerung nach § 1 Abs. 1a UStG setzt voraus, dass das übertragene Vermögen die Fortsetzung der bisher durch den Veräußerer ausgeübten Tätigkeit ermöglicht. Nicht schädlich ist, wenn der Erwerber den erworbenen Geschäftsbetrieb in seinem Zuschnitt ändert oder modernisiert. Die Übertragung aller wesentlichen Betriebsgrundlagen ist dabei keine eigenständige Voraussetzung, sondern nur im Rahmen der Gesamtwürdigung, ob das übertragene Unternehmen die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit ermöglicht, zu berücksichtigen.
Sachverhalt
Im Urteilsfall wurde ein Institut verkauft, dass Untersuchungs- und Beratungstätigkeit für die landwirtschaftliche Praxis durchführte. Das Institut bezog von der LD-GmbH (Tochtergesellschaft) Leistungen im Bereich Qualitätsmanagement und operative Verwaltung (EDV, Buchhaltung). Es wurde an eine Holding-GmbH verkauft, deren Verbund ähnliche Tätigkeiten ausübte. Übertragen wurden das Sachanlagevermögen, das Vorratsvermögen und der Firmenwert. Das Institutsgrundstück wurde für 8 Jahre mit Verlängerungsoption von 5 Jahren an die Erwerberin vermietet. Laut Vertrag soll die Erwerberin den Laborstandort dauerhaft sichern und die beim Institut bestehenden Beschäftigungsverhältnisse fortführen. Ein Eintritt in die Verträge mit der Tochter-GmbH erfolgte jedoch nicht.
Das FG ging nicht von einer Geschäftsveräußerung aus, da nicht alle wesentlichen Gegenstände übertragen wurden (insbesonders das für das Institut erforderliche zertifizierte Qualitätsmanagement der Tochter LD-GmbH). Ein anderer Erwerber hätte die Lebensmitteluntersuchung nicht fortführen können oder hätte für den Erwerb eines zertifiziertes Qualitätsmanagement größere finanzielle Aufwendungen gehabt.
Der BFH hat die Entscheidung des FG aufgehoben, da der Annahme einer Geschäftsveräußerung nicht entgegensteht, dass der Erwerber das Unternehmen nicht mit allen Vertragsbeziehungen (insbesondere das Qualitätsmanagement) übernahm. Nicht schädlich ist, dass der Erwerber den erworbenen Geschäftsbetrieb aus betriebswirtschaftlichen oder kaufmännischen Gründen in seinem Zuschnitt ändert oder modernisiert. Die Übertragung aller wesentlichen Betriebsgrundlagen und die Möglichkeit zur Unternehmensfortführung ohne großen finanziellen Aufwand ist keine eigenständige Voraussetzung für die Nichtsteuerbarkeit, sondern im Rahmen der Gesamtwürdigung zu berücksichtigen, aus der sich ergibt, ob das übertragene Unternehmensvermögen als hinreichendes Ganzes die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit ermöglicht. Letzteres muss das FG noch nachholen.
Dabei hat das FG zu berücksichtigen, dass sich die Holding-GmbH zum Erhalt des Laborstandorts verpflichtete und sie die Verstärkung ihrer regionalen Präsenz und die Realisierung wirtschaftlicher Synergien durch Integration des Instituts in ihre Unternehmensgruppe beabsichtigte, z. B. durch den Erwerb des Firmenwerts. Die langjährige Vermietung mit Verlängerungsoption ist für die Geschäftsveräußerung nicht schädlich.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil v. 23.8.2007, V R 14/05.