Begriff

BGB § 566

Ist dem Mieter gestattet, ein im Eigentum des Vermieters stehendes weiteres Grundstück zu benutzen, das nicht Gegenstand des Mietvertrags ist, tritt bei einer späteren Veräußerung dieses Grundstücks der Erwerber nicht gemäß § 566 Abs. 1 BGB in den Mietvertrag ein.

(amtlicher Leitsatz des BGH)

Das Problem

A war der Eigentümer zweier rechtlich selbstständiger benachbarter Grundstücke mit den Flurnummern 9/19 und 9/20. Das Grundstück mit der Flurnummer 9/19 vermietete er im Jahr 2004 auf die Dauer von 10 Jahren an B, der dort einen Lebensmittelmarkt betrieb. In dem schriftlichen Mietvertrag war der Mietgegenstand unter § 1 wie folgt bezeichnet:

"Vermietet werden an den Mieter die in den anliegenden Grundrisszeichnungen (Anlage C1) rot umrandeten Flächen im Bereich der Einkaufsgalerie und – sofern Lagerflächen vermietet werden – die in den anliegenden Grundrisszeichnungen (Anlage C2) blau umrandeten Flächen im Projekt ("Mietgegenstand")."

Die Zufahrt zum Mietobjekt erfolgte über einen Teil des Grundstücks mit der Flurnummer 9/20. Dieser Bereich war in dem Mietvertrag als "Anlieferung mit Zufahrt für Markt und Getränke" bezeichnet. Er lag außerhalb der in § 1 des Mietvertrags gekennzeichneten Flächen. Er war also nicht Teil des Mietgegenstands; jedoch durfte der Mieter die Zufahrt zur Warenanlieferung benutzen.

Im Jahr 2010 wurde über das Vermögen des A das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter veräußerte das Grundstück mit der Flurnummer 9/19 an C und das Grundstück mit der Flurnummer 9/20 an D. Der Erwerber C kündigte das mit B bestehende Mietverhältnis unter Berufung auf das Sonderkündigungsrecht aus § 111 InsO. B erachtet die Kündigung für unwirksam.

Der BGH hatte sich mit der Frage zu befassen, ob der Erwerber des Grundstücks mit der Flurnummer 9/20, also D, wegen des an dem Grundstück bestehenden Benutzungsrechts an das Mietverhältnis mit B gebunden ist.

Hiervon ist das Berufungsgericht ausgegangen. Der BGH ist anderer Ansicht.

Die Entscheidung

Wird ein vermietetes Grundstück nach der Überlassung an den Mieter vom Vermieter an einen Dritten veräußert, tritt gemäß § 566 Abs. 1 BGB der Erwerber anstelle des Vermieters in die sich während der Dauer seines Eigentums aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten ein. Die Regelung des § 566 BGB knüpft tatbestandlich an die Veräußerung des Mietgegenstands an. Der Umfang des Mietgegenstands richtet sich nach den vertraglichen Vereinbarungen. Diese sind u. U. gemäß §§ 133, 157 BGB auszulegen.

Vermietet der Eigentümer Wohnungen oder Geschäftsräume in seinem Haus, erstreckt sich zwar das Recht des Mieters zur Benutzung der gemieteten Räume grundsätzlich auch auf das Recht zur Mitbenutzung der Gemeinschaftsflächen, insbesondere auf die Zugangswege und das Treppenhaus. Dies folgt ohne Weiteres aus dem Mietvertrag, ohne dass es insoweit einer vertraglichen Regelung bedarf (BGH, NJW 2007 S. 146 Rn. 9). Deshalb kann sich der Mieter auch gegenüber dem Erwerber auf dieses Recht berufen.

Auf ein in einem gewerblichen Mietvertrag vereinbartes Mitbenutzungsrecht von Flächen eines benachbarten Grundstücks sind diese Grundsätze nicht zu übertragen. Grundsätzlich gilt, dass Flächen, die der Mieter nur mitbenutzen darf, ohne eine entsprechende vertragliche Vereinbarung nicht mitvermietet sind. So liegen die Dinge auch hier: Der Mietgegenstand folgt zweifelsfrei aus § 1 des Mietvertrags. Eine Vereinbarung dahingehend, dass zur gemieteten Fläche auch der auf dem Grundstück mit der Flurnummer 9/20 liegende Zufahrtsbereich zählt, wurde nicht getroffen.

BGH, Urteil v. 4.9.2019, XII ZR 52/18

Dieser Inhalt ist unter anderem im WohnungsWirtschafts Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?