Leitsatz

  1. Eine Personengesellschaft kann ihren Gewerbebetrieb an einen ihrer Gesellschafter veräußern.
  2. Setzen sich die Gesellschafter zweier personenidentischer Gesellschaften, die jeweils einen Betrieb unterhalten, dergestalt auseinander, dass jeder der Gesellschafter einen Betrieb als Einzelunternehmen fortführt, liegt keine Realteilung vor.
 

Sachverhalt

Die Steuerpflichtige, eine Friseurmeisterin, unterhielt bis 1985 gemeinsam mit einem Mitgesellschafter einen Friseursalon in der Rechtsform einer GbR. Ende 1985 schlossen sie einen Vertrag, mit dem sie die GbR aufhoben und den Friseursalon an die Steuerpflichtige gegen einen "Ausgleichsbetrag" von rund 6 000 DM "veräußerten". In der Eröffnungsbilanz zum 1.1.1986 setzte die Steuerpflichtige die Wirtschaftsgüter mit den gemeinen Werten an und aktivierte zusätzlich einen Geschäftswert von 10 000 DM. Nach diesen Werten bemaß sie die Abschreibungen in den Folgejahren und auch im Streitjahr 1989. Finanzamt und -gericht waren anderer Meinung. Die Veräußerung des gesamten Betriebs einer Personengesellschaft an einen Gesellschafter sei stets als Veräußerung von Mitunternehmeranteilen zu behandeln, da niemand etwas verkaufen könne, was ihm bereits steuerlich zuzurechnen sei. Hiervon ausgehend hatte die Steuerpflichtige lediglich den Anteil ihres ehemaligen Mitgesellschafters entgeltlich erwerben können mit der Folge, dass nur insoweit Abschreibungen von den Anschaffungskosten zulässig waren. Für den der Steuerpflichtigen bereits vor der Übernahme des gesamten Betriebs zuzurechnenden Anteil bzw. für die entsprechenden Wirtschaftsgüter kamen daher nur Abschreibungen von den fortgeschriebenen Buchwerten in Betracht.

 

Entscheidung

Der BFH tritt der Auffassung des FG entgegen, die Veräußerung des Betriebs an einen Gesellschafter könne nur als Veräußerung von Mitunternehmeranteilen behandelt werden. Vielmehr sind Veräußerungsgeschäfte zwischen einer Personengesellschaft und ihren Gesellschaftern ebenso wie sonstige Verträge anzuerkennen, wenn sie einem Fremdvergleich genügen. Sie werden insgesamt und einheitlich als entgeltliche Veräußerungen beurteilt. Dies gilt auch dann, wenn es sich um die Veräußerung des gesamten Gewerbebetriebs handelt[1]. Es sind keine Gründe ersichtlich, die Veräußerung einzelner Wirtschaftsgüter zwischen Gesellschaft und Gesellschafter zu fremdüblichen Bedingungen anders als die Veräußerung von Sachgesamtheiten zu beurteilen.

Die Sache wurde an das FG zurückverwiesen. Denn dem Vertrag und seiner Durchführung war nicht klar zu entnehmen, ob die Steuerpflichtige lediglich den Mitunternehmeranteil des Mitgesellschafters erworben hat oder ob der gesamte Gewerbebetrieb von der Gesellschaft auf sie übertragen wurde. Von einer Veräußerung des gesamten Betriebs kann grundsätzlich nur dann ausgegangen werden, wenn für die Gesellschaft eine Schlussbilanz eingereicht und der Veräußerungsgewinn beiden Gesellschaftern nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel zugerechnet wurde. Lässt sich nicht mehr ermitteln, wie die Gesellschaft das Ausscheiden behandelt hat, verbleibt es bei den geringeren Abschreibungsbeträgen. Denn die Steuerpflichtige trägt die Beweislast für das Vorliegen höherer Anschaffungskosten als sie vom Finanzamt berücksichtigt wurden.

 

Praxishinweis

Der Entscheidungsfall verdeutlicht, dass bei der Übernahme des Betriebs einer Personengesellschaft durch den letzten verbleibenden Gesellschafter sowohl die Veräußerung von Mitunternehmeranteilen als auch die Veräußerung des gesamten Betriebs in Betracht kommt. Höhere Anschaffungskosten und entsprechend höhere Abschreibungen setzen jedenfalls eine klare und eindeutige Vereinbarung über die Veräußerung des gesamten Betriebs zu fremdüblichen Bedingungen und eine entsprechende Durchführung voraus. Die Grundsätze der Realteilung kommen nicht zur Anwendung, wenn der Mitgesellschafter – wie hier – nicht mit Betriebsvermögen, sondern mit Geld abgefunden wird.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 20.02.2003, III R 34/01

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