Leitsatz
- Den Tatbestand einer "Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft" i.S. von § 17 EStG erfüllt auch, wer den durch eine Kapitalerhöhung entstehenden neuen Geschäftsanteil anderen gegen Entgelt zur Übernahme überlässt.
- Tritt die Bedingung für die Zahlung des Entgelts für das Übernahmerecht erst in einem dem Jahr der Veräußerung folgenden Jahr ein, ist der das Jahr der Veräußerung betreffende Einkommensteuerbescheid nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO rückwirkend zu ändern.
Sachverhalt
K hielt 32,5 % des Stammkapitals der T-GmbH. Im Februar 1998 übertrug er 2 % seiner Beteiligung für 100000 DM auf D. Darauf setzte das Finanzamt bei der Veranlagung für 1998 einen Gewinn nach § 17 EStG von 84000 DM fest. Der Einkommensteuerbescheid wurde bestandskräftig. Bei der Veranlagung für 1999 zeigte sich folgender Sachverhalt: Durch Vertrag vom 6.8.1998 hatten sich die Gesellschafter der T-GmbH gegenüber der S-GmbH verpflichtet, das Stammkapital der T-GmbH um 268100 DM auf 1068100 DM zu erhöhen. Die S-GmbH übernahm den neuen Geschäftsanteil gegen Zahlung der Stammeinlage und eines Agios von 1131900 DM. Am erhöhten Stammkapital war K wie bisher mit 244000 DM beteiligt. Die T-GmbH verpflichtete sich, diese Mittel nicht zur Tilgung von Krediten zu verwenden; sie sollte zum 30.9.1999 in eine AG umgewandelt werden.
Ebenfalls am 6.8.1998 beteiligte sich die S-GmbH an der T-GmbH mit einer stillen Einlage von 1600000 DM, die zeitlich gestaffelt in eine Kapitalrücklage umgewandelt werden sollte. Dabei erhielten die Altgesellschafter der T-GmbH eine Option, die Anteile der S-GmbH an der T-GmbH ab 31.12.2001 in drei Tranchen zu erwerben. Die S-GmbH hatte das Recht, den Altgesellschaftern ihre Anteile an der T-GmbH zu den jeweiligen Stichtagen anzubieten. Falls die Altgesellschafter die Option nicht bedienten, konnte die S-GmbH über alle Anteile an der T-GmbH verfügen. Bei einem Börsengang der T-GmbH sollten die Optionen verfallen. Bei einer Investitionsrendite von mehr als 25 % aus dem Börsengang (sog. Übergewinn) sollte der übersteigende Betrag je zur Hälfte auf die S-GmbH und die Altgesellschafter entfallen.
In der Folgezeit kam es zu einem mittelbaren Börsengang der T-GmbH: K gründete im Dezember 1998 die T-AG und übertrug am 29.4.1999 alle Aktien zum Nennwert von 100000 DM auf die T-GmbH. Am selben Tag wurde die stille Einlage vorzeitig zum 31.12.1998 in eine Kapitalrücklage umgewandelt. Anschließend wurde das Stammkapital der T-GmbH auf 3800000 DM erhöht. Der Erhöhungsbetrag setzte sich aus dem von der S-GmbH gezahlten Agio von 1131900 DM und der umgewandelten stillen Einlage von 1600000 DM zusammen. Sodann übertrug die T-GmbH ihr Vermögen per Verschmelzung zum 1.1.1999 auf die T-AG. Im Zuge der Börseneinführung der T-AG erwirtschaftete die S-GmbH einen Übergewinn von 11576870 DM, wovon sie im Juli 1999 ca. 10 Mio. DM an die Altgesellschafter auszahlte; auf K entfielen 3042945 DM. Das Finanzamt unterwarf den anteiligen Übergewinn der Besteuerung nach § 17 Abs. 1 EStG. K habe darauf verzichtet, die Anteile an der T-GmbH durch Ausübung der Option zu erwerben; dadurch habe er seine Anwartschaft auf eine Beteiligung veräußert. Die 1999 geleistete Zahlung sei als rückwirkendes Ereignis i.S. von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu erfassen. Die dagegen erhobene Klage hatte keinen Erfolg.
Entscheidung
Der BFH hat die Revision zurückgewiesen. Die Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG sind erfüllt, weil K sowohl zum Zeitpunkt der Übernahme des durch die Kapitalerhöhung am 6.8.1998 entstandenen Geschäftsanteils von nominell 268100 DM durch die S-GmbH als auch in den letzten fünf Jahren davor jeweils zu mehr als 25 % am Stammkapital der T-GmbH beteiligt war. Den Tatbestand der "Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft" hat K erfüllt, indem er im Zusammenwirken mit den anderen Altgesellschaftern das Stammkapital der T-GmbH erhöht und den dadurch entstandenen neuen Geschäftsanteil der S-GmbH zur Übernahme überlassen hat. Zu Anteilen an einer Kapitalgesellschaft nach § 17 Abs. 1 Satz 3 EStG gehören auch Anwartschaften auf neue Geschäftsanteile; das gilt auch für die Begründung eines Rechts auf die Beteiligung an der Kapitalerhöhung. Eine Anwartschaft ist auch gegeben, wenn das Bezugsrecht der Altgesellschafter in dem für die Kapitalerhöhung notwendigen Gesellschafterbeschluss ausgeschlossen wurde, so dass gesellschaftsrechtlich kein Bezugsrecht entstanden ist. Dem Ausschluss des Bezugsrechts oder einer vergleichbaren Rechtsposition steht es gleich, wenn sich die Altgesellschafter an der Kapitalerhöhung nicht beteiligen. Im Streitfall hat K seine Anwartschaft auf einen neuen Geschäftsanteil an der T-GmbH auf die S-GmbH übertragen. Denn nach dem Beitrittsvertrag vom August 1998 und dem entsprechenden Gesellschafterbeschluss zur Kapitalerhöhung beteiligten sich die Altgesellschafter der T-GmbH nicht an der Kapitalerhöhung. Vielmehr hat die S-GmbH den neuen Geschäftsanteil gegen Zahlung der S...