1 Leitsätze

  1. Eine Wohnungsbaugenossenschaft darf von ihren Mietern neben dem Genossenschaftsanteil auch die Leistung einer Mietkaution verlangen. § 551 Absatz 1 BGB steht dem nicht entgegen.
  2. Weder der genossenschaftliche Gleichbehandlungsgrundsatz noch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verbieten, dass die Genossenschaft die Mietkaution nur von einkommensschwachen Mietern verlangt.

2 Sachverhalt

Eine Wohnungsgenossenschaft verlangte für die Überlassung einer Wohnung von einer Nutzerin aufgrund einer entsprechenden Regelung im Dauernutzungsvertrag die Leistung einer Kaution.

3 Entscheidung

Das Amtsgericht (AG) Kiel hat entschieden, dass die Genossenschaft gegen die Nutzerin einen Anspruch auf Leistung der vereinbarten Mietsicherheit hat. Dem Anspruch der eG steht nicht entgegen, dass die Nutzerin für die Überlassung der Wohnung bereits Genossenschaftsanteile übernommen und hierauf Zahlungen geleistet hatte. Dem Anspruch der Genossenschaft stand auch nicht entgegen, dass die eG nur von bestimmten Gruppen von Nutzern neben der Übernahme von Geschäftsanteilen zusätzlich eine Mietsicherheit verlangte.

Das Gericht hat in der Urteilsbegründung auf die ganz herrschender Meinung in der Rechtsprechung und Literatur hingewiesen, wonach die Vorschrift des § 551 BGB nicht ausschließt, dass ein Wohnungsnutzer verpflichtet wird, neben der Übernahme von Geschäftsanteilen mietvertraglich (d.h. hier im Rahmen eines (Dauer-)Nutzungsvertrags) eine Kaution zu leisten[1].

§ 551 Abs. 1 BGB schreibt vor, dass in Fällen, in denen ein Mieter dem Vermieter für die Erfüllung seiner Pflichten Sicherheit zu leisten hat, diese – von den anfallenden Zinsen, die die Mietsicherheit erhöhen, abgesehen – höchstens das Dreifache der auf einen Monat entfallenden Miete ohne die (als Pauschale oder als Vorauszahlung) ausgewiesenen Betriebskosten betragen darf. Eine zum Nachteil des Mieters davon abweichende Vereinbarung ist unwirksam (Abs. 4 dieser Vorschrift).

Nach den Ausführungen des Gerichts ist streng zwischen genossenschaftsrechtlichen und mietrechtlichen Erklärungen der Parteien zu trennen. Es ist danach nicht Zweck des Geschäftsanteils, Ansprüche der eG zu sichern, auch wenn faktisch der Geschäftsanteil letztlich als eine solche Sicherheit dienen kann.

Nach Ansicht des Gerichts verstößt das Vorgehen der Genossenschaft auch weder gegen die Vorschriften des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) noch gegen den genossenschaftsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.

Das Gericht hat seine Auffassung damit begründet, dass die Genossenschaft von einer bestimmten Personengruppe zusätzlich zur Einzahlung auf Geschäftsanteile die Leistung einer Mietsicherheit verlangt. Darin liege aber weder eine Benachteiligung aus Gründen der Rasse, der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität im Sinne von § 1 AGG. Die von der eG benannte Personengruppe ist nach Meinung des AG Kiel vor allem nicht als Benachteiligung aus Gründen einer Behinderung zu verstehen.

Vielmehr steht nach Ansicht das Gerichts fest, dass es um eine finanzielle Absicherung geht und die Genossenschaft somit Zweifel hat, dass die Personengruppe stets die potenziellen Ansprüche der eG wird ausgleichen können. Hierbei handelt es sich nach der Urteilsbegründung um einen sachlich gerechtfertigten Grund für eine Unterscheidung.

Gerade aus dem letzten Gedanken heraus sei auch nicht von einer genossenschaftsrechtlichen Ungleichbehandlung auszugehen, sondern es bestehe vielmehr eine ausreichende sachliche Rechtsfertigung.

 
Wichtig

Einkommensschwäche begründet keinen AGG-Verstoß

Das Urteil des AG hat nicht die Auffassung bestätigt, dass zwischen der Mitgliedschaft in einer Wohnungsgenossenschaft und dem Nutzungsverhältnis über eine Genossenschaftswohnung in Fällen der vorliegenden Art zu trennen ist.

Ausdrücklich hat das Gericht jedoch darüber hinaus darauf hingewiesen, dass es auch nicht gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz und den genossenschaftlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verstößt, wenn die Verpflichtung zur Zahlung einer Kaution nur von einkommensschwachen Personengruppen verlangt wird.

[1] So u.a. LG Regensburg NZM 2010 S. 360; Feßler/Roth, WuM 2010 S. 67; Roth, NZM 2008 S. 356: Palandt, 70. Aufl., § 551 BGB, Rn. 2; Schmidt-Futterer, 10. Aufl., § 551 BGB, Rn. 87; Sternel, Mietrecht aktuell, 4. Aufl., III, Rn. 168.

4 Praxishinweis

Auch wenn es rechtlich nicht zu beanstanden ist, wenn eine Wohnungsgenossenschaft neben der Übernahme eines oder mehrerer Geschäftsanteile im Rahmen der Überlassung einer Wohnung die Leistung einer Kaution verlangt, stellt sich natürlich vor allem auch die Frage, ob – gerade bei einkommensschwachen Personen – ein solcher Anspruch in wirtschaftlicher Hinsicht zu realisieren ist. Ggf. sollte überlegt werden, die Sicherheitsleistung auf einen geringeren Betrag als die zulässigen 3 Monatsmieten ohne Berücksichtigung der Betriebskosten, zu begrenzen. Da das Gericht selbst in seiner Urteilsbegründung ausgeführt hat, dass in der Prax...

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